Mittwoch, September 23, 2015

Eine wichtige Frage und keine richtige Antwort

Die wichtigste Frage in und für Europa ist die Flüchtlingsfrage. Hunderttausende unter Krieg, Terror, bitterer Armut und vollkommener Aussichtslosigkeit leidende Menschen suchen Schutz und Bleibe in Europa, vor allem in Deutschland und Schweden.

Die Hilfsbereitschaft in beiden Ländern ist groß. Ob die Fähigkeit zu helfen damit Schritt halten kann, erscheint fraglich. Es ist schwierig, bei diesem Thema einen klaren Kopf zu behalten, zu verworren ist das Ganze.

Ich fürchte, dass sich auch hier der Egoismus durchsetzen wird wie seinerzeit, als Deutschland die Juden verfolgte und kaum ein Land bereit war, ihnen Schutz zu bieten und Asyl zu gewähren. Die USA und Großbritannien müssten sich heute immer noch dafür schämen. Aber dieser Gedanke hilft nicht weiter.

Genau so aussichtslos ist es, auf die Ursachen dieser grenzenlos erscheinenden Flucht nach Europa hinzuweisen. Wer hat Afrika erbarmungslos ausgeplündert, hat die Voraussetzungen für korrupte menschenfeindliche Potentaten geschaffen? Die europäischen Kolonialmächte. Und sie lassen nicht einmal heute die Finger davon. Darüber zu sprechen ist wichtig, hilft aber im Augenblick nicht.

Es hilft auch nicht zu sagen, dass die USA die Länder im Nahen Osten in Brand gesteckt haben. Sie haben es getan. Aber die politische Korrektheit, die sich nicht nur die Bundesrepublik Deutschland verordnet hat, verbietet es, darüber zu reden. Es würde auch nichts nützen, jedenfalls nicht jetzt und den Flüchtlingen schon gar nicht.

Das Übel an der Wurzel packen? In Afrika „aufräumen“? Willkürlich mit dem Lineal gezogenen Grenzen aufheben, die Länder neu ordnen nach alten Stammesmustern? Dasselbe im Nahen, im Mittleren Osten? In Afghanistan? Die Kriege ausrotten? Ein Leben in Frieden möglich machen? Wer soll das tun? Alle sagen, sie wollen es, aber keiner macht es. Jeder ist sich selbst der Nächste, und die Mächtigen sind sich selbst noch näher als alle die anderen.

So bleibt nichts anderes übrig, als jetzt für diese Sünden zu büßen. Und das heißt für Europa: Alle Flüchtlinge aufnehmen, ohne Unterschied und gleichgültig, was es kosten mag. Es wird uns auch in Zukunft an nichts fehlen, weder an drei Mahlzeiten am Tage, weder an einem Dach über dem Kopf. Es wird uns weiter gut gehen.
Heute ist Sonntag, der 20. September 2015, und das war mein Wort zum Sonntag.