Mittwoch, September 23, 2015

Die Wunderwelt der Sprache

Mit dem Begriff Legasthenie-Förderung will ich mich nicht lange aufhalten. Es ging dem Autor (Hamburger Abendblatt?) nicht um die Förderung der Leseschwäche, wie er schrieb, sondern darum, was man dagegen tun könne. Hier zeigt sich wieder einmal, dass Computer nicht denken können. Korrektoren (der Korrektor ist ein abgeschaffter Beruf in Zeitungsverlagen) konnten denken.

Menschen mit eingeschränkter Mobilität. So bezeichnet man heute Roll-stuhlfahrer. Jedenfalls sollte man das tun, wenn man sich regelgerecht ausdrücken möchte. Aber wer stellt diese Regeln auf – und mit welcher Berechtigung? Kann mir jeder ganz nach Belieben den Mund verbieten, mir sagen, was und wie ich etwas zu sagen habe?  Nee!

Lieber als über die in ihrer Mobilität eingeschränkten Rollstuhlfahrer würde ich mal was über die in ihrer geistigen Mobilität eingeschränkten Politiker lesen. Aber vielleicht kommt das ja noch.

Menschen mit eingeschränkter Fähigkeit, Deutsch zu sprechen. Damit meine ich nicht etwa Flüchtlinge, Einwanderer aus Ländern, in denen eine andere Sprache gesprochen wird. Ich meine die Menschen, die statt Wohltätigkeits-veranstaltung  Charity-Veranstaltung sagen und schreiben. Und um was geht es bei den paid content-Modellen? Es geht um kostenpflichtige, zu bezahlende Internet-Nachrichten.

Soweit konnte ich mir noch einen Reim auf die kleinen Sprachwundersamkeiten* machen. (*Das Wort ist neu, soeben erfunden.) Aber dann wurde es schwierig für mich.

Da las ich, dass jemand ein storyfy geschrieben hätte. Ein storyfy! Darunter konnte ich mir nichts vorstellen. Und weil ich mir sicher war, dass weder der Duden, noch das gute alte Cassels Wörterbuch eine Antwort darauf geben würden, habe ich – Schande über mich!  - gegoogelt.

Warum schreibe ich das eigentlich nicht so deutsch wie cakes bei uns Keks geschrieben wird? Warum schreibe ich nicht gegugelt? Gehupft wie gesprungen? Aber ich will mich jetzt nicht auch noch zum Gugelhupf äußern, obwohl es mich reizt. Gugelhupf klingt viel verlockender als Napfkuchen. Einverstanden?

Also da hat jemand ein storyfy geschrieben. Was habe ich herausgefunden? storyfy ist ein Softwareunternehmen oder ein Softwareprogramm oder beides. Auf jeden Fall scheint storyfy es möglich zu machen, eigenen Gedanken, sofern sie vorhanden sind, alles Mögliche aus allen möglichen Quellen hinzuzufügen, das Eigene mit Fremdem anzureichern, alles zu vermischen und diese Cuvée als etwas Eigenes anzubieten. Sollte ich mich irren: Pardon! Sollte die Sache so sein: Pfui Deibel!

Manchmal machen Gedanken große Sprünge, für die es keine Erklärung gibt und die doch etwas für sich haben. Von storyfy bis zu einem Hochzeitsservice, über den das Hamburger Abendblatt am 19. September berichtete, ist es nicht mal ein großer Sprung. Trotzdem möchte ich ihn erwähnen.

Da machen gewitzte (clevere) Jungs und Mädels ein irres Angebot. Sie machen Vorschläge, wie man (Mann) seiner Angebeteten einen überzeugenden Heirats-antrag machen kann. Ganze Theaterstücke werden dort anscheinend angeboten.

Mal ehrlich: Schauspielerei und nichts sonst. Wenn die Dame des Herzens dahinter kommt, was dann? „Du hast mir etwas vorgespielt“,  das wäre noch der geringste Vorwurf, würde aber erklären, weshalb so viele Bündnisse fürs Leben eine Halbwertzeit haben, die diese Bezeichnung nicht verdienen. Ein Viertel wäre oft schon übertrieben.

Gedanken, die einem so durch den Kopf flitzen, sind gnadenlos. Sie nehmen keine Rücksicht, auch wenn das eine Thema mit dem anderen gar nichts zu tun hat. Klar, sie wollen sich auch zu Wort melden. Und was mache ich jetzt mit dem Thema aller Themen, der Flüchtlingsfrage?

Auf die lange Bank schieben? Nein, aber morgen.
19. 09. 2015