Die Welt der Lüge
Und die schlechte Lüge? Das ist die, die bestraft werden muss. Jedes Kind weiß das. Früher bekam man für eine Lüge ein paar hinter die Ohren, wenn es gut ging, wurde man in die Ecke gestellt und musste sich schämen. Ich weiß nicht, wie Eltern heute mit den Lügen ihrer Kinder umgehen. Aber das ist Privatsache.
Nicht privat sind die Lügen, mit denen sich beispielsweise Unternehmen Vorteile verschaffen wollen. Und mit Not haben diese Lügen auch nichts zu tun, wie folgendes Beispiel zeigt (Bericht Hamburger Abendblatt, 17. 09. 2015):
Procter & Gamble wirbt für seinen Weichspüler Lenor mit dem Hinweis, dass damit „30 Prozent mehr Wäschen pro Liter“ möglich sind. Das stimmt sogar. Und trotzdem ist es eine Lüge. Procter & Gamble hat nämlich mit Einführung des verbesserten Konzentrats die Füllmenge pro Flasche Lenor von 1200 Milliliter auf 950 Milliliter gesenkt.
Der Haken bei der Geschichte: „Jeder durchschnittlich informierte Verbraucher wird das neue Produkt mit dem alten vergleichen und vermuten, des 30 Prozent mehr Waschladungen pro Flasche enthält. Tatsächlich sind es nur gut zehn Prozent mehr Wäschen.“ Dieser Ansicht der Verbraucherzentrale Hamburg hat sich das Landgericht Frankfurt angeschlossen.
Procter & Gamble hat zwar auf die Bezugsgröße „pro Liter“ hingewiesen, aber in einer viel kleineren Schriftgröße. „Trickserei“, wie die Verbraucherzentrale sagt? Für mich gehört das in die Abteilung Lug und Betrug, also Lüge.
Gegen das, was sich sich Volkswagen mit der Softwaremanipulation von Diesel-motoren geleistet hat, könnten wir die Procter & Gamble-Geschíchte in die Schublade „peanuts“ stecken. Aber das sollten wir nicht tun. Betrug ist Betrug und Lüge ist Lüge, jedenfalls wenn es um Gier und nicht um Not geht. Dafür haben wir ja die Notlüge.
Volkswagen lügt und betrügt nach Strich und Faden. Es geht um einen Milliar-denbetrug, um eine Milliardenlüge.
Was da gemacht wurde, kann ja nicht im Verborgenen geschehen sein. Jemand hat das so gewollt, hat es angeordnet und zig Mitarbeiter haben mitgemacht. Fliegen jetzt die Fetzen? Kommt das reinigende Gewitter?
Allzuviel Hoffnung sollten wir uns nicht machen, selbst wenn in Wolfsburg aufgeräumt werden sollte, was ja noch nicht feststeht.
Zumindest die deutschen Automobilhersteller dürften tiefer in der Tinte stecken, als wir bisher ahnten. Wie das? Ganz einfach so: Die Testverfahren, die sie zum Beispiel in Sachen Schadstoffminimierung anwenden, haben mit der Fahrpraxis so gut wie gar nichts zu tun. Das kennen wir alle ja schon in Sachen Spritverbrauch. Der wir heruntergerechnet bis zum Gehtnichtmehr.
Hier aber ist es noch schlimmer. Die von den Fahrzeugherstellern gemeldeten Computerwerte werden nicht etwa in der Praxis geprüft, es wird nur untersucht, ob die Computerberechnungen korrekt sind.
Ist das nur eine kleine Nachlässigkeit? Nein, das ist der nächste Skandal. Denn in Wirklichkeit werden die Angaben der Fahrzeughersteller nicht mit Praxiwerten verglichen. In aller Kürze: Die Fahrzeughersteller prüfen sich selbst. Am Ergebnis kann kein Zweifel herrschen: Betrug!
Den Weg für diese Betrügerei hat die automobilindustriehörige (tolles Wort – 24 Buchstaben!) deutsche Politik alles so flach gelegt, dass sogar wirklich flachgelegte Monstergeschosse noch in irgendeine umweltfreundliche Kategorie passen.
So, nun reicht’s, wenigstens für den Augenblick. Die VW-Geschichte wird weitergehen.
22. 09. 2015
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