Samstag, März 21, 2015

Die Joseph Goebbels-Shows

Es gibt im deutschen Fernsehen zwei sehenswerte, zwei bemerkenswerte politische Satiresendungen: „Quer“ von Christoph Süß, Bayerischer Rundfunk (ARD) und die „Heute-Show“, Oliver Welke, ZDF.

Spritzig, witzig und kein bisschen ängstlich. Bissig, aber nicht billig. Zwei Aufrechte gegen die flachen Talkshows, mit denen Günther Jauch, Maybritt Ilner und andere langweilen – degeneriert zu einem Jahrmarkt der Eitelkeiten, oder war das von Anfang an so? Leute, die sich für klug halten, reden durcheinander. Und so gemein die Übersetzung von Talk-Show in Quasselrunde auch klingt, sie trifft zu.

Wie wohltuend anders dagegen „Quer“ und „Heute-Show“! Da geht es wirklich zur Sache, zu Dingen, die uns bewegen, zu Sachen, die uns beschäftigen. Da sprechen uns Christoph Süß und Oliver Welke aus dem Herzen, und das mit Verstand. Endlich wird Klartext gesprochen, aber nicht verletzend, trotz aller Schärfe.

Ja, da freut sich der Bürger mindestens so wie die Claqueure in der „Heute-Show“ und denkt, nein, fühlt: „Siehste, so iss es. Das ist Demokratie. Das ist Freiheit. Das ist Meinungsfreiheit. Wir lassen uns doch nicht den Mund verbieten.“  Ein gutes Gefühl, ohne Zweifel.

Natürlich können wir das so sehen. Aber sehen wir die Sache richtig? Sollten wir zu gutgläubig, zu blauäugig sein? Es sieht so aus. Spätestens wenn wir uns fragen, was die Satire bewirkt, die uns so begeistert, fangen wir an zu zweifeln. Und es dauert nicht lange bis wir befürchten, „Quer“ und „Heute-Show“ bewirken eigentlich nichts. Aber da irren wir uns.

Die Wirkung ist fantastisch: wir Ahnungslosen werden ruhig gestellt. Süß und Welke haben Dampf abgelassen. Kein Überdruck mehr, der den Kessel zum Platzen bringen könnte. Und so kann der Politikunsinn, den wir täglich über uns ergehen lassen müssen, weiter betrieben werden.

Diese wunderbare Wirkung hat bereits das Propaganda-Genie Joseph Goebbels erkannt und befördert. Er hat sogar Werner Finck, wenn auch „leicht gedrosselt“, nach zeitweisem Verbot wieder im Kabarett der Komiker in Berlin auftreten lassen.

Auch wenn ein Goebbels weit und breit nicht zu sehen ist: Die Wirkung ist wie damals.

Die Konsequenz? Mehr Satire, mehr Kritik und weniger Talk, und das auf allen Kanälen! Vor allem aber: Nicht nur kritisieren lassen, sondern selbst kritisieren.
21. 03. 2015