Dienstag, März 17, 2015

Quer Beet

„Am Ende der Welt.“ Im Pazifik hat ein Zyklon ein ganzes Inselreich hinweg gefegt. Wie eine Atombombe hätte er gewirkt, heißt es. Überall die schrecklichsten Bilder und Berichte. Das Herz könnte einem stehen bleiben. Spendenaufrufe über Spendenaufrufe. Andere Länder wollen helfen, die Not zu lindern. Ein Zyklon mit einer Geschwindigkeit von 300 Kilometern in der Stunde – etwas, das immer schon mal vorkam im Pazifik oder eine Folge des Klimawandels?

Wütete der Zyklon wirklich „am Ende der Welt“, wie es Claus Kleber im ZDF-heute journal sagte? Die Menschen von Vanuatu sehen das gewiss anders. Für sie war es eher „das Ende der Welt“.

Gedankensprung: Von allen Enden der Welt stürzen Nachrichten auf uns ein. Katastrophenmeldungen drängeln sich nach vorn. Welche sind wichtig, welche nicht? Was bedeutet es, wenn in den Anden ein Bus in eine Schlucht stürzt und alle Insassen um Leben kommen? Für die Passagiere den Tod, für die Angehörigen Trauer. Und für uns? Nichts! Ich weiß, das klingt herzlos. Aber ist es das wirklich? Wir können nicht an jedem Grab stehen.

Das Busunglück in den Anden ist eine Meldung vom Ende der Welt. Die Meldung von der Beinaheauslöschung des Inselstaats Vanadu ist das nicht. Sie ist eine Nachricht, die alle Menschen betrifft, ganz gleich wo sie leben – sofern dieser Typhoon eine Folge des von uns inszenierten Klimawandels sein sollte.

Fazit: Weniger „Nachrichten“ wären mehr. Aber wir müssen ja nicht alles lesen, müssen nicht alles sehen, müssen nicht allem und jedem zuhören. Sortieren müssen wir schon selbst. Und das sollten wir uns auch von niemandem abnehmen lassen.

„Weiche“ Ziele. Weil ich mir unter „Fassbomben“ nichts so richtig vorstellen konnte außer der von mir vermuteten Form, habe ich mich mal umgesehen. Der Grund: „Fassbomben“ sollen geächtet, sollen verboten werden. Warum ausgerechnet die?

Ach ja, diese Sprengkörper sind besonders billig herzustellen. Man nehme ein Fass, fülle es mit einer Mischung von Chemikalien, die man in jeder Drogerie kaufen kann und füge eine gehörige Portion Nägel oder – nach Belieben – auch andere Metallstücke hinzu. Noch ein kleiner Aufschlagzünder, und fertig ist die „Fass-bombe“. Einfach herzustellen und konkurrenzlos billig. Ob das der Grund ist für den Protest? Steckt hinter der verlangten Ächtung etwa die Rüstungsindustrie, deren Produkte viel teurer sind? Ein teuflischer Gedanke? Ja, genau so teuflisch wie die „Fassbombe“ und alle anderen Bomben auch.

Und als wenn das nicht teuflisch genug wäre: Beklagt wird, dass die „Fassbombe“ gegen „weiche“ Ziele eingesetzt wird. „Weiche“ Ziele? Menschen! Geht es noch entsetzlicher?

Musikalisches Missverständnis. Letzte Nacht hörte ich in eine Deutschlandfunk-Sendung zur Buchmesse in Leipzig hinein. Garniert wurde das hochkulturelle Geplau-dere mit einem nicht endenwollenden Musikstück. Einfallslose Tonfolgen, nur mäßig variiert, dafür aber bis an die Grenze der Erträglichkeit wiederholt. Aber auch das Schlechte hat sein Gutes: Ein neues Wort für Musik, die keine ist: Tonologie.

Sprachtänzer. Wir würdigen diese Artisten im Sprachzirkus nicht gebührend. Das sollten wir aber tun. Anstelle von Müllverbrennung Thermische Verwertung zu sagen, ist doch ein in vieler Hinsicht atemberaubender sprachlicher Hochseilakt – oder? Nicht ganz auf diesem Niveau die Äußerung unseres Regierungssprechers Steffen Seibert, die Frage der Entschädigungszahlungen von Deutschland an Grie-chenland sei „abschließend und final“ geklärt. Doppelt gemoppelt. Aber ich sage mit aller Klarheit, aller Deutlichkeit und unmissverständlich: Man kann sich nicht oft genug wiederholen. Wer bietet mehr?

Profilierungssucht. Profilierungssucht eine Sucht, die sucht, was nicht zu finden ist. Klingt albern, ist aber so, zumindest, wenn man Herrn Schäfer-Gümbel von der SPD folgt, der ein schärferes Profil gegenüber der Union fordert.

Aber Herr Schäfer-Gümbel, das haben Sie doch bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union sozusagen an der Garderobe abgegeben. Erst haben Sie sich mit der Union wie die Kesselflicker geprügelt, und dann haben Sie gemeinsame Sache gemacht.

Bitte vergessen Sie nicht: Wir Wähler haben nicht die Große Koalition gewählt. Diese Große Koalition ist über unsere Köpfe hinweg erkungelt wurden. Sie waren zu feige, nicht Sie allein natürlich, eine Minderheitsregierung zuzulassen. Sie sind, natürlich nicht Sie allein, einem Wettbewerb ausgewichen, haben ihn verhindert. Was daran so schlimm ist? Eine Minderheitsregierung muss um ihre Ideen kämpfen. Eine Große Koalition (GROKO) setzt sie durch. Bei uns zurzeit mit einer diktatorischen 80%-Übermacht.

Und jetzt, Herr Schäfer-Gümbel, jetzt suchen Sie nach dem an der Garderobe abgegebenen Profil Ihrer Partei? Zu spät! Die Garderobieren sind längst nach Hause gegangen. Pech für Sie!

Das war nun wirklich quer Beet durch alle möglichen und unmöglichen Themen. Wie wäre es mit Widerspruch?