Donnerstag, März 05, 2015

Der eine und der andere Tod. Welcher zählt?

Wer glaubt, die folgenden Zeilen seien von Gefühllosigkeit diktiert, irrt. Das Gegenteil ist der Fall, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mag.
Am Anfang dieser Betrachtung stehen Zahlen, und wir wollen jetzt einmal überlegen, was sie uns sagen. Wecken Sie Gefühle in uns? Wenn ja, welche? Lassen sie uns kalt, auch, wenn wir es nicht zugeben?

Gestern oder vorgestern sind im Krieg in der Ukraine zwei Soldaten und vier Zivilisten getötet worden, ums Leben gekommen. Und morgen wird es voraussichtlich ähnlich sein.

Zwischenfrage: Wer kennt den Unterschied zwischen dem Tod eines Soldaten und dem einer jungen Frau, die auf einen Bus wartete und stattdessen den Tod fand, den sie nicht suchte? Ist der eine Tod mehr und der andere weniger zu bedauern und zu betrauern? Weiß jemand die Antwort?

Ich mache jetzt einen großen Sprung, lasse die Toten in den kaum noch zu über-schauenden klein-großen Kriegen ungezählt beiseite. Ich wende mich einer größeren Zahl von Toten zu.

An der Ebola-Seuche sind  seit 2014 bis heute 9.000 Menschen gestorben. Wie schrecklich das ist, wurde so oft und so beeindruckend beschrieben, dass ich es hier nicht noch einmal schildern muss.

Auf jeden Fall hat sich die ganze Welt mit allen ihren humanitären Institutionen (UNO usw.) damit beschäftigt – voller Sorge, voller Selbstvorwürfe und – zugegeben – mit gewissen Erfolgen. Und alles soll unternommen werden, damit diese Seuche ausgelöscht wird, ein für allemal und koste es, was es wolle. Kein Protest. Jeder, der ein Herz hat, muss das wollen.

Wenn da nur nicht noch etwas anderes wäre, das uns beunruhigen sollte. Allein in Europa sterben jährlich 430.000 Menschen an Feinstaub. Der ist so fein, dass man ihn nicht sieht. Aber er ist tötlich. Also: Jeden Tag sterben hier etwa 1.200 Menschen an Feinstaub – in gut sieben Tage so viele wie an Ebola in anderthalb Jahren.

Ein Horror, aber keine Horrormeldung! Da haben wir es: den einen und den anderen Tod. Der eine eine Staatsakt, der andere anonym. Politik und Medien machen hier gemeinsame Sache.

Was Aufsehen erregt, zählt. Ansonsten: Wegsehen! Es wäre ja auch zu gruselig, uns vorzurechnen, dass der Tod etwa jede Minute  einen von uns aufs Feinstaubkonto bucht. Da bleibt uns ja die Luft weg.
04. 03. 2015