Freitag, Februar 27, 2015

"Mehr außenpolitische Verantwortung"

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im vergangenen Jahr plädierte Joachim Gauck für eine größere globale Verantwortung Deutschlands – eventuelle Militär-einsätze eingeschlossen.

Weil ich fand, dass „mehr außenpolitische Verantwortung“ alles und nichts bedeuten kann, wollte ich schon weiterschreiben und – ehrlich gesagt – ein wenig auf dieser Formulierung herumtrampeln. Aber dann habe ich erst mal die Gauck-Rede gelesen. Ich finde sie lesenswert, und im ersten Augenblick möchte man ihr Wort für Wort zustimmen. Aber das wäre voreilig. Gaucks Rede macht vor einem entscheidenden Punkt halt - verständlicherweise. Er geht nicht den Schritt von der Theorie zur Praxis.

Nehmen wir als Beispiel den „Islamischen Staat“. Ohne Frage ein Terrorsystem, das niemand hinnehmen sollte. Also muss es bekämpft werden. Fragt sich nur: wie, von wem und mit welchem Ziel? Was soll erreicht werden?

Die Wiederherstellung der Assad-Diktatur in Syrien? Die Befreiung des Irak von den Terroristen, damit Schiiten und Sunniten sich weiter bekämpfen? Ist das Ziel die Einführung von Demokratie dort nach „westlichem“ Muster? Sind das Ziele, für die wir unsere Soldaten in einen Krieg führen sollten, führen dürfen?

Über jedes dieser Ziele könnte man sprechen. Aber genau das geschieht nicht. Wir beschränken uns darauf, den IS zu vernichten. Über das, was danach sein soll, herrscht Stillschweigen. Also: Alles zurück auf Anfang? Aber auf welchen Anfang?

Vor den Überfall der USA auf den Irak? Vor den Krieg zwischen Iran und Irak? Noch viel weiter zurück – auf die Zerschlagung des Osmanischen Reichs (Türkei) nach dem Ersten Weltkrieg, die koloniale Rolle der damaligen Supermächte England und Frankreich?

Als wenn das alles nicht genug wäre – es brodelt ja noch mehr in diesem Hexen-kessel. Alle Mächtigen spielen dort mit: die USA, Russland, China, die ganze Welt. Jeder für das, was er für seine „Interessen“ hält, jeder gegen jeden und jeder mit jedem. Heute so, morgen vielleicht anders.

In dieses Tollhaus würde ich keinen einzigen Mann schicken. Nein, nicht weil ich feige bin, sondern weil es die Sache nur noch schlimmer machen würde. Damit würde ich meine Freunde in Stich lassen? Welche Freunde?

Klar, jetzt kommt die Frage: Was würdest du denn machen? Ich würde die ganze Bagage einsperren und sagen: „Ihr kommt erst dann raus, wenn ihr euch – ohne Mord und Totschlag – geeinigt habt.“ Keine Waffen, keine Hilfe, nichts, nichts, nichts von außen.

Eine Illusion? Ja, natürlich. Denn das würde voraussetzen, dass die „geopolitischen“ Hintermänner ihre Hände aus dem Spiel nähmen. Das werden sie nicht wollen. Das werden sie nicht tun. Niemand kann sie dazu zwingen.

Es geht deshalb so weiter wie bisher? Ja, davon müssen wir ausgehen. Mit einem Unterschied, hoffe ich: Wir spielen dieses Spiel nicht mit; denn es ist kein Spiel, sondern blutiger Ernst. 08. 02. 2015 / 26. 02. 2015