Sonntag, Dezember 21, 2014

So'n Bart!

Wenn jemand vor „tausend“ Jahren, als ich noch ein Junge war, olle Kamellen erzählte, dann wurde er abgefertigt mit „so’n Bart.“ Heute ist das nicht anders. Ich weiß nicht, wie man es heute ausdrückt.

Wie es so geht, der Bart ist immer noch nicht ab. Die Bundespolizei hat neue Bartregeln aufgestellt, begründet mit dem Respekt, der jedem Polizisten von jedem Bürger, ob Mann oder Frau, entgegen zu bringen ist.

Die Bundespolizei verbietet den Dreitagebart. Natürlich nur den Bundespolizisten und nicht etwa Conchita Wurst. Das wäre ja noch schöner! Da bin ich mit der Bundespolizei auf einer Linie. Ich glaube, ich muss das erklären. Auf jeden Fall will ich es versuchen.

Als der Dreitagebart in den Gazetten das Licht der Welt erblickte, ging es um Sex. Die unrasierten Jungs standen dafür, dass sie drei Nächte und drei Tage nicht aus dem Bett gekommen waren, in dem sie natürlich nicht allein gelegen hatten. Inzwischen hat die Sache so’n Bart. Das glaubt ihnen niemand mehr. Die Jungs sind einfach zu faul, sich zu rasieren.

Das hat die Bundespolizei anscheinend noch nicht mitgekriegt. Wer ohne Punkt und Komma Mädels tage-und nächtelang flach legt, kann kein Vorbild sein. Aber genau das verlangt die Bundespolizei von ihren Jungen und Mädchen. Sie sollen ernst genommen werden. Wie sonst sollten sie sich gegen uns Spaßbürger, die nichts ernst nehmen, durchsetzen können?

Deshalb gibt es einige Regeln für den Auftritt in der Öffentlichkeit, denen jetzt einige hinzugefügt werden sollen. Die Zeiten ändern sich eben.

Der Dreitagebart bleibt verboten; der Hintergrund ist bekannt und einleuchtend (siehe oben). Neu ist, das jetzt auch Männer Ohrringe tragen dürfen, je Ohr einen Ohrstecker oder –ring. Das durften bisher nur Polizistinnen. Fingerring, Armband, Armbanduhr und Halskette sind gestattet, „wenn sie keine hervorstehenden Teile haben, die den Beamten oder andere verletzen können.“ Sogar Tattoos sollen erlaubt werden, wenn sie beim Tragen der Dienstkleidung nicht zu sehen sind. Schließlich zur Frisur: „Die Haare dürfen nicht so extravagant getragen oder gefärbt sein, „dass Polizisten bei Amtsausübung nicht ernst genommen werden.“ Wer beurteilt das? 

Zusammengefasst: Es gibt nichts bei uns in Deutschland, das nicht geregelt werden könnte. Unsere Regelwut hat so’n Bart, der Dreitagbart ist nichts dagegen. (Quelle: SPIEGEL ONLINE, 19. 12. 2014)