Donnerstag, Dezember 25, 2014

Links, Mitte, Rechts - Politik geographisch gesehen

Diese Lesart, diese Raumordnung der Parlamente, hat sich auch bei uns in Deutschland eingebürgert. Unser Bundestag hat sich so eingerichtet – von links nach rechts und mitten drin die Mitte. Das ist uns so geläufig geworden, dass wir keinen Augenblick mehr darüber nachdenken. Dabei wäre das wichtig und wird immer wichtiger. Warum das so ist, wird uns schnell klar werden. Es dauert nur ein paar Minuten. Wir müssen nur genau hinsehen.

Links sitzen die Sozialdemokraten, also die SPD. Das war bereits  in der Weimarer Republik so. Aber schon damals gab es etwas, das sozusagen linker war als links. Das waren die Kommunisten. Heute ist es DIE LINKE. Noch mehr links gibt es im Augenblick nicht.

Wie sieht es auf der rechten Seite aus? Da haben wir die Christdemokraten, die CDU. Ein bisschen mehr rechts hat sich die CSU breit gemacht. Zusammen bilden sie die Union. Rechts von dieser Union gibt es nichts.  Noch mehr rechts ist zurzeit offenbar nicht möglich, jedenfalls nicht im Bundestag.

Aber da war doch noch etwas. Richtig. Wir sind von links gleich nach rechts gesprungen. Im Eifer des Gefechts haben wir dabei die Mitte glatt übergangen. Das geht natürlich nicht. Jetzt also zur Mitte.

Aber da ist ja niemand. Die Linken in all ihren Schattierungen sind links, die Rechten in ihren Differenzierungen sind rechts. In der Mitte können wir weder die einen noch die anderen entdecken. Wie auch? Die Mitte ist leer. Die Mitte existiert gar nicht.

Natürlich geht das so nicht. Das haben auch die Politiker erkannt, die linken wie die rechten. Und deswegen streben sie seit einiger Zeit in die Mitte. Sie wollen, dass die leere Mitte nicht länger leer bleibt, sie wollen das Vakuum füllen. Daran wird von beiden Seiten hart gearbeitet: Die Linke will eine linke Mitte, die Rechte  eine rechte Mitte. Ein Ding der Unmöglichkeit?

Aber nein! Man muss nur Linkes und Rechtes tüchtig durcheinander quirlen. So entsteht ein Potpourrie, ein Eintopf, in dem sich das Linke vom Rechten nicht unterscheiden lässt. Nichts gegen einen Eintopf! Man muss ihn  nur rechtzeitig vom Feuer nehmen, bevor er zur Geschmacklosigkeit verkocht.

Genau das ist jetzt passiert. Die Suppe, die uns eingebrockt wird, heißt GROKO, Große Koalition. Diese Koalition ist mit ihren 80 % so übermächtig, dass sie sich mit allen nichtdemokratischen Mächten messen kann – erfolgreich, versteht sich.

Eine der wichtigsten Spielregeln der Demokratie, der Kompromiss, der Interessen-ausgleich zugunsten aller, wurde außer Kraft gesetzt. Jeder linke Wunsch wurde erfüllt, wenn auch jeder rechte Wunsch durch kam.

Es gibt keine Mitte, keine politische. Es gibt nur Mittelmaß. Und das ist noch geschmeichelt.

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“ Hat das nicht irgendjemand vor langer, langer Zeit gesagt? Niemand scheint zugehört zu haben.
23. 12. 2014