Freitag, Dezember 27, 2013

Weniger ist mehr, ist mehr Armut

Zu den Wörtern, die andere, vertraute Wörter beiseite schieben, sie ins Vergessen schubsen und damit unsere Sprache ärmer machen,  gehört escalieren. Die anderen Wörter gehen verloren: sich steigern, verschärfen, ausweiten, zuspitzen – der Duden hält noch viel mehr Wörter bereit, die eine Situation genauer beschreiben als escalieren.

Dieser um sich greifenden Spracharmut liegt Faulheit zugrunde, zumindest Bequem-lichkeit. Beliebte Ausrede: der Zeitdruck. Gut, den gibt es in Tageszeitungsredak-tionen und vielleicht noch anderswo, z.B. in Spiegel online, in den TV-Nachrichten. Nein, es ist nicht der Zeitdruck. Es ist die Faulheit, es ist die Bequemlichkeit.

Wer wie die Journaille den Anspruch erhebt,  mit der Sprache professionell  umzugehen, der sollte das treffende Wort finden und nicht in die Schublade mit den Textbausteinen greifen.

Ach ja, die Scala. Nicht die Mailänder, sondern die die im Wörterbuch steht: Leiter, Treppe. Nun kann man ja auf einer Leiter, einer Treppe nicht nur nach oben gehen, sondern auch nach unten.

Ich weiß, wenn es nach unten geht, dann deescaliert die Sache. Aber das schreibt niemand. Es ist immer nur von Escalation, von nach oben, die Rede. Warum? Wenn etwas escaliert, dann kann es doch genau so gut nach unten wie nach oben gehen.
 26. 12. 2013