Sonntag, Juli 20, 2008

Moderieren hat ein Junges bekommen

Ursprünglich meint moderieren „mäßigen, einschränken“ (nach dem lateinischen moderari = ein Maß setzen, mäßigen, lenken).

In Rundfunk und Fernsehen hat das Wort eine andere Bedeutung: die verbindenden Informationen und Kommentare zu einer Sendung sprechen. Soweit Wahrig Deutsches Wörterbuch.

Ein Moderator ist – ebenfalls nach Wahrig – jemand, der einen (meist selbstverfaßten) kommentierenden Verbindungstext zwischen Programmteilen spricht, z. B. im Fernsehen, er kann auch der Leiter einer Diskussion sein. In diesem Fall gilt mehr die ursprüngliche Bedeutung des Wortes: mäßigen, lenken.

Neuerdings hat das Wörtchen „moderieren“ ein Junges bekommen: anmoderieren. Was ist denn das? Wird da nur noch ein bißchen moderiert? Wird da nur ein Anfang gemacht und den Rest schenkt sich der Moderator, weil er keine Lust hat, oder weil die Zeit für den vollständigen Text fehlt? Nein, die Sache ist viel einfacher: Wir haben es hier mit einem Fachwort von Fachidioten zu tun.

Mit anmoderieren ist nicht anderes gemeint als ansagen, eine Sendung ansagen, eine Sendung ankündigen, sie einleiten. Anmoderieren klingt natürlich viel schöner, nicht wahr? Jedenfalls für die Fachidioten.

Damit kommen wir zum nächsten modischen Fachwort: Trailer. Klingt toll, meint aber nichts anderes als Vorschau, Voranzeige, Vorankündigung (eines Films, einer Sendung).

Daß wir es wirklich mit Fachidioten und nicht mit Fachleuten zu tun haben, wird spätestens dann klar, wenn wir hören, was der Sprecher einer Fernsehanstalt gesagt hat: „Die Präsentation entwickelt sich weiter, so wie die Sehgewohnheiten der Zuschauer“.

Der Junge weiß nicht, daß Gewohnheiten das Gegenteil von Entwicklung sind.

Richtig ist, daß die Fernsehsender zunehmend etwas anders machen: Sie verzichten immer mehr auf Ansager, auf Moderatoren zugunsten von Trailern, sprich filmischen Vorschauen. Daran sollen wir uns gewöhnen.

Weil wir uns anscheinend nicht schnell genug an diese neue Mode gewöhnen, wird allerhand dummes Zeug geredet, in der Hoffnung, daß wir die Trailer möglichst bald besser finden als zum Beispiel Dénes Törzs.

Ich jedenfalls biete 10 Trailer für einen Dénes Törz, nein: 20, 30 Trailer. Ich will gar keine. Dénes ist mir tausendmal lieber.

DIE WELT 03. 07. 2002