Sonntag, Juli 20, 2008

Ein Protokoll

Die Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen Richter und Angeklagtem.

Der Richter ein deutscher Richter, der Angeklagte ein Türke aus Anatolien,

der seit über dreißig Jahren in Deutschland lebt.

Richter:

Seit wann leben Sie in Deutschland?

Angeklagter:

Seit 1971, Herr Richter.

Richter:

Sie sind also schon seit 33 Jahren hier?

Angeklagter:

Ja, Herr Richter.

Richter:

Welche Gründe hatten Sie, hierher zu kommen?

Angeklagter:

Deutschland war die Zukunft. Ich wollte Zukunft.

Richter:

Können Sie das erklären? Was meinen Sie damit?

Angeklagter:

Ich wollte so leben, wie ich es für richtig halte.

Richter:

Und das war zu Hause nicht möglich?

Angeklagter:

Nein, Herr Richter.

Richter:

Können Sie das dem Gericht erklären?

Angeklagter:

Ja, Herr Richter.

Richter:

Dann bitte, was hielten Sie für richtig?

Angeklagter:

Das war einmal gutes Geld für Arbeit.

Und das war, ich konnte so leben, wie

die Tradition befiehlt.

Richter:

Und das war bei Ihnen zu Hause nicht

möglich?

Angeklagter:

Nein, Herr Richter.

Richter:

Und warum nicht?

Angeklagter:

Zu wenig Arbeit für zu wenig Geld. Das

war das. Und dann, wichtiger: keine

Tradition mehr.

Richter:

Keine Tradition?

Angeklagter:

Ja, Herr Richter, keine Tradition.

Richter:

Keine Tradition? Unglaublich!

Angeklagter.

Doch, Herr Richter, Sie müssen mir glauben.

Das ist doch so: Zu Hause müssen die Frauen

kein Kopftuch tragen. Und sie haben die

Erlaubnis vom Staat, wie Männer sich zu bewegen

in der Öffentlichkeit. Keine Achtung vor der

Historie. Keine Achtung vor dem Mann. Keine

Tradition.

Richter:

Und hier? Hier ist das alles anders?

Angeklagter:

Ja, Herr Richter. In Deutschland herrscht Tradition.

Tradition wird geachtet. Der Mann bestimmt. Das

ist von Gott bestimmt. Die Frau gehorcht. Das ist

auch von Gott gewollt.

Richter:

So leben wir doch nicht in Deutschland!

Angeklagter:

Nicht die deutschen Freunde. Wir leben so in

Deutschland. Das ist besser als zu Hause.

Richter:

Ach ja: Deutschland ist die Türkei, die Sie zu

Hause nicht mehr haben.

Angeklagter:

Das verstehe ich nicht.

Richter:

Das will ich Ihnen erklären.

Zu Hause, in der Türkei, haben Frauen und

Männer die gleichen Rechte. So sagen es die

Gesetze. Kein Mann hat das Recht, seine Frau

zu schlagen oder einzusperren. Ein Sohn ist

nicht mehr wert als eine Tochter. Töchter

dürfen nicht verkauft werden. Alles das ist

in Ihrem Land seit über achtzig Jahren geregelt.

Und das passt Ihnen nicht? Deshalb sind Sie zu

uns gekommen?

Angeklagter:

Ja, Herr Richter, wir sind hier, weil die Tradition

und die Ehre hier einen besseren Wert haben

als zu Hause.

Richter:

Sie werden Ihre Frau und Ihre Töchter auch in

Zukunft züchtigen?

Angeklagter:

Herr Richter, was soll ich tun? Es muss sein.

Ausnahmsweise folgte das Urteil nicht der

„political correctness“.

Der Angeklagte wurde zur sofortigen Rückkehr

in die Türkei verurteilt. Seine Frau und seine

drei Töchter konnten entscheiden, ob sie mit

ihm gehen wollten oder nicht. Sie alle blieben in

Deutschland. Das Überraschendste: Auch die

beiden Söhne des Angeklagten wollten nicht

zurück in die moderne Türkei. Sie wollten mit-

helfen, Deutschland zu modernisieren.

20. 11. 2004 PS: Auch dies ein Griff in die Mottenkiste. Auch wenn hier die political correctness fehlen sollte, so verdreht kann manches sein.