Sonntag, Juli 20, 2008

Vom verwirrten Umgang mit unserer Sprache

Auf Seite 10 der Zeitung DIE WELT vom 22. 05. 2002 ist zu lesen: „Die Wirtschaft wächst wieder leicht“. Eine gute Nachricht unter so vielen schlechten, die uns heute erreichen.

Grund zur Freude, die allerdings durch die folgende Unterzeile ein wenig gedämpft wird: „Bundesbank: Konjunkturerholung aber noch nicht sicher – US-Wirtschaft noch instabil“.

Na ja, das kennen wir schon: Kein Glück ist gänzlich ungetrübt. Wir wollen uns also nicht aufregen. Darüber jedenfalls nicht, aber etwas anderes gibt Grund genug, sich ganz gewaltig aufzuregen: Der verwirrte Umgang mit unserer Sprache.

Da steht doch tatsächlich „Allerdings sei der eingeschlagene Wachstumspfad bisher so schwach, daß selbst kleine Störungen empfindliche Rückschläge zur Folge haben könnten.“

Liebe Leserin, lieber Leser, können Sie sich einen schwachen Pfad vorstellen? Können Sie das wirklich?

Nein, werden Sie sagen, das kann ich nicht. Ich kann mir einen schmalen Pfad vorstellen, einen, der steil bergan oder bergab geht. Ich kann mir vorstellen, daß ein Pfad gefährlich ist oder auch ganz harmlos. Sie werden sagen: Kurz und gut, ich kann mir alles mögliche vorstellen, nur keinen schwachen Pfad.

Sehen Sie, das ist es. Die Jungs und Mädels schreiben an uns vorbei. Sie denken nicht, sie fühlen nicht, sie haben nicht Deutsch gelernt. Aber sie schreiben.

Leider können wir ihnen das Schreiben nicht verbieten. Aber wir können ihnen das Denken empfehlen. Das sei hiermit geschehen.

Liebe Redakteurinnen und Redakteure, denkt doch mal, bevor ihr schreibt. Ihr werdet mehr Freude am Schreiben haben und eure Leser mehr Freude am Lesen.

PS: Wie das Datum zeigt, ist dies ein Griff in die Mottenkiste. Aktuell ist der Text noch immer.