Freitag, Februar 17, 2017
Irgendwann ist es so weit. Dann
wollen die Kinder nicht nur wissen, woher die Babys kommen, sondern auch, wie
sie gemacht werden. Und wenn man das hingekriegt hat – früher ging das mit der
Geschichte von den Bienen und den Blüten – dann wird es richtig schwierig.
Was soll der Papa sagen, wenn
Anna fragt, was ein Zufall ist? Papa wird erst mal eine Gegenfrage stellen, um
schnell eine Antwort zu finden: „Wie kommst du denn darauf?“ „Mama hat vorhin
gesagt: das ist aber ein Zufall!“ „Ja, und?“ „Was sie noch gesagt hat, habe ich
nicht verstanden.“
Der Papa: „Mit dem Zufall ist das
so. Du rennst um die Ecke und plötzlich steht Emil vor dir, dein Freund. Du
dachtest, der wäre verreist. Nun trefft ihr euch. Das ist ein Zufall.“ Anna:
„Ehrlich Papa, das ist kein Zufall, das ist uncool. Emil ist nicht mehr mein
Freund.“
Papa: „Wir fahren in den
Sommerferien in ein ganz tolles Land, in dem immer die Sonne scheint und wo man
ganz toll baden kann. Plötzlich geht da eine Bombe hoch und wir sind alle tot.
Das ist Zufall.“ „Papa, ich will aber nicht tot sein.“ „Nein, Anna, ich auch
nicht.“ „Und wenn wir woandershin fahren und da keine Bombe hochgeht?“ „Dann
ist das auch ein Zufall?“ Ja, Anna, auch das ist ein Zufall.“ Anna: „Dann ist
ja alles ein Zufall, Papa.“ „Ja, Anna, das ganze Leben ist ein Zufall.“
Da hat Annas Papa etwas ganz
Wichtiges und vor allem Richtiges gesagt, auch wenn Anna das noch nicht richtig
begriffen hat. Aber wer hat das schon?
Anscheinend hat niemand
begriffen, dass der Zufall die wirklich weltbewegende Macht ist. Schlimmer
noch: Wir wollen es nicht begreifen, weil es uns infrage stellt, weil wir auf
den Zufall keinen Einfluss haben. Schließlich leben wir „selbstbestimmt“, planen und sagen, was geschehen soll.
Zumindest bilden wir uns das ein, oder es wird uns eingeredet.
Zugegeben: An irgendetwas müssen
wir uns festhalten, jedoch ist Zufall dazu nicht geeignet. Er gibt uns keinen
Halt. Deshalb suchen wir den notwendigen Halt woanders. Deshalb begeben wir uns
seit Menschengedenken auf die Suche. Und tatsächlich haben wir da so einiges
gefunden. Denken wir nur einmal an die Religionen oder Parteien oder Staaten.
Sie geben uns das Gefühl der Sicherheit, die wir für unser Leben wünschen und
auch brauchen. Der Mensch, auf sich allein gestellt, fühlt sich verlassen. Wir
sind nicht fürs Alleinsein geschaffen.
Wir suchen die Gemeinsamkeit, die
Gruppe, und weil nicht alle Menschen so denken und fühlen wie wir, fangen wir
an, Unterschiede zu machen, Grenzen zu ziehen.
Das Zufällige des Lebens lassen wir
dabei außer Acht. Dass wir Katholik sind oder Protestant, Mohammedaner, der
jüdischen Religion anhängen, Buddhist, halten wir für gottgegeben. Unsere
Religion unterscheidet uns zwar von allen anderen, aber sie macht uns nicht
besser und überlegen. Der Zufall hat uns zu dem gemacht, der wir sind. In
unserer Blindheit sehen wir das nicht. Das ist nicht nur im Religiösen so.
Versuchen wir, uns das noch
deutlicher vor Augen zu führen. Kein Lebewesen wird gefragt, ob es auf die
Welt, auf diese Welt, kommen will. Niemand fragt, ob wir in Europa, in Afrika,
in Asien und wo auch immer zur Welt kommen möchten. Niemand fragt, welche
Hautfarbe wir gern hätten – weiß, schwarz, braun, gelb, rot. Von Kleinigkeiten
wie Spanier, Franzose, Italiener oder Deutscher abgesehen. Dabei wäre die
Antwort auf „arme oder reiche Eltern“ noch die einfachste. Der Zufall macht uns
einen dicken Strich durch die Rechnung. Er nimmt als Weltmacht keine Rücksicht
auf uns und doch gibt er uns die gleichen Chancen. (Wenn wir uns nur nicht dagegen
wehren würden!)
Aber da kommen die Leute, die uns
Ungleichheit predigen. Das hört sich dann so an: „America first“ – „Deutschland
den Deutschen“, „Frankreich den Franzosen“… Ungarn, Polen usw., die ganze Welt
spielt verrückt. Trump, Le Pen, Wilders, in Deutschland AfD, die „Reichsdeutschen“, die „Identitären“
und die sind, weltweit gesehen, bei weitem nicht alle. Es ist ein Spiel gegen
den Zufall.
Ein Spiel gegen den Zufall? Ein
Spiel gegen die Gerechtigkeit! Denn der Zufall sagt uns, dass wir alle gleich
sind – so unterschiedlich wir sein mögen. Die Weltmacht Zufall verlangt von uns
nur eins: Toleranz. (Der Zufall ist großzügig
und will nicht bis zum Äußerten gehen. Das wäre „Liebe deinen Nächsten
wie dich selbst.“)
Wer wird gewinnen?
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