Montag, Dezember 19, 2016
Verehrte gnädige Frau, liebe Frau Hamm-Brücher, so hätte ich
die Dame angesprochen, wenn sie nicht vor wenigen Tagen gestorben wäre, am 7.
Dezember, mit 95 Jahren. Aber ich hatte keine Gelegenheit dazu, auch keinen
Anlass.
Frau Hamm-Brücher habe ich als Politikerin im Gedächtnis,
die nicht nur eine Meinung hatte, sondern auch zu ihrer Meinung stand – selbst
wenn sie und ihre Partei nicht über-einstimmten. Eigentlich war sie keine
Parteifrau, sondern eine Frau, die Partei ergriff für das, was ihr am Herzen
lag.
Sie war aber Parteifrau genug, um sich von der FDP
ausnutzen, benutzen zu lassen. 1994 wurde sie zur Bundespräsidentenwahl
nominiert und zum Schluss von ihrer Partei schmäh-lich in Stich gelassen –
verraten.
Die Nachrufe überbieten sich gegenseitig, so wie es sich
gehört. Alles und Jedes von ihr und über sie wird ausgebreitet, so oft, dass es
langweilig wirkt. Dabei ist das, was diese Dame auszeichnet, in wenigen Worten
festgehalten, die Sie 1982 im Bundestag zum Kanzlerwechsel Helmut Schmidt / Kohle
äußerte:
"Ich finde, dass beide das nicht verdient
haben: Helmut Schmidt, ohne Wählervotum gestürzt zu werden, und Sie, Helmut
Kohl, ohne Wählervotum zur Kanzlerschaft zu gelangen. Zweifellos sind die
beiden sich bedingenden Vorgänge verfassungskonform. Aber sie haben nach meinem
Empfinden doch das Odium des verletzten demokratischen Anstands."
Dem ist nichts hinzuzufügen. Dieser Anstand ist mit
HildegardHamm-Brücher endgültig zu Grabe getragen worden.
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