Dienstag, Dezember 13, 2016

Grundsätzlich und ein Stück weit

Immer, wenn es ums Grundsätzliche geht, wird es schwierig. Deshalb wird um das Grundsätzliche auch grundsätzlich herumgesprochen.

Wenn gesagt wird, man sei grundsätzlich der Meinung seines Gesprächspartners, dann dämmert jedem, dass das nicht gemeint ist. Im Grundsätzlichen stecken zu viele „aber“, die nicht genannt werden. Was wie Zustimmung klingt, ist in Wirklichkeit Ablehnung. Das sind die Feinheiten unserer Sprache.

Wie überall im Leben geht es auch in der Sprache nicht immer fein zu, eher grob,
wenn wir daran denken, wie die „highbrowed people“ unserer Gesellschaft - Politiker und Manager - so sprechen und schreiben. Sie schlagen unsere Sprache in Stücke und setzen sie nicht wieder zusammen.

Tut mir leid. Als Beispiel für viele muss unsere Bundeskanzlerin Angelika Merkel herhalten. Ich kann nichts dafür, sie aber wohl.

In Ihrer aktuellen Parteitagsrede in Essen sagte sie: „Wir müssen ein Stück weit Flagge zeigen.“ Ein Stück weit? Welches Stück von welcher Flagge. Nehmen wir unsere Nationalflagge: Ein Stückchen Schwarz oder ein Stückchen Rot oder ein Stückchen Gold? Wir werden mit den Stückchen nicht weit kommen. Wir brauchen alles, das Ganze. Das hat Frau Merkel übersehen. Oder hat ihr „das Stück weit“ einer ihrer Ghostwriter vor-geschrieben? Das Eine wäre so schlimm wie das Andere.


So viel zur Sprache. Und nun zur Politik: „Ein Stück weit Flagge zeigen“ – also nur ein bisschen, ein Zipfelchen, bloß nicht zu viel? Jemand könnte erschrecken, vielleicht sogar verschnupft sein und übelnehmen. So macht man aus einem Standpunkt ein Standpünktchen. Das hat einen Vorteil: Man nimmt das Pünktchen nicht ernst.