Geschrieben wird so, wie es jedem gerade passt. Auch
wenn es nicht passt. Alles muss immer schnell gehen, auch beim Schreiben. Da
bleibt zum Denken, zum Suchen nach dem treffenden Wort, keine Zeit. Der Griff
zu den „in-Wörtern“ ist ja auch zu verführerisch.
„Nachvollziehbar“ ist gerade groß in Mode, meist zusammen mit dem
Wörtchen nicht. Klingt anscheinend viel besser als „das verstehe ich nicht, das
begreife ich nicht, mit dem bin ich nicht einverstanden, so sehe ich das nicht,
dem Gedanken kann ich nicht folgen“ usw. usw.
„Zielführend“, ein weiteres Wort aus dem Fertigwort-Suppentopf, immer
wieder gern genommen wie jede 5-Minuten-Wort-Terrine. Schütteln wir mal.
Tatsäch-lich: Klingt wie trockenfrost-tiefgefroren, ist deshalb nicht ohne
Aufbereitung genießbar. Also los: Trennen wir das Substantiv vom Verb. Schon
erkennen wir: Da muss es ein Ziel geben, und das soll geführt werden? Wohin und
ob das überhaupt geht, bleibt im Dunkeln.
Was lernen wir? Ziele lassen sich nicht führen. Im glücklichen Fall lassen
sie sich erreichen. Und deshalb: Jetzt hundertmal schreiben „Ich kann Ziele
nicht führen. Aber ich kann sie erreichen.“
Das klingt leicht, ist es aber nicht. Die Verführung ist zu groß. Im
Sprach-supermarkt ist die Frischwortabteilung sehr, sehr klein. Die
Fast-Word-Regale nehmen den größten Platz ein. Was wie Vielfalt aussieht, ist
in Wirklichkeit Armut, geistige Armut.
Zu allem Überfluss haben wir da noch den anscheinend unwiderstehlichen
Drang, englischen Vokabeln Vorzugsplätze einzuräumen. Das führt nicht selten zu
sprachlichen Kopfständen. Einer davon soll hier wieder auf die Füße gestellt
werden.
Auf dem Umschlag einer Werbesendung des manager magazin, einer
SPIEGEL-Ausgabe beigelegt, war zu lesen: „Randomisierte Umfrage.“ Nicht
atomisiert, nicht materialisiert, nicht fingiert? Nein. Randomisiert.
Wenn Google das übersetzen sollte, was käme dabei heraus? „Verzufallte
Umfrage.“ Wir lernen: Randomisieren heißt verzufallen. Verzufallt komm Ihnen
dämlich vor? Aber es ist doch nicht dämlicher als randomisert.
Wie es der Zufall will, kommen wir zum „Rating“. Mal ist die Rangfolge
gemeint, mal geht es um Bewertung. Der Unterschied ist klein, aber es gibt ihn.
Bentutzt wird das Wort wahllos. Wie wäre es, die deutschen Begriffe zu
benutzen? Es würde schneller klar, worum es geht.
Was das Wörtchen „adressieren“ angeht, verstand ich darunter bisher, Um-schläge
mit den Adressen der Empfänger zu versehen. Neuerdings ist etwas anderes
gemeint, jedenfalls in der „community“ der marketing and advertising people.
Wenn sie mich ansprechen, dann adresssieren sie mich.
Vielleicht sollten wir die ohnehin außer Rand und Band geratenen Jungs
und Mädels mal ein wenig dressieren, auf den Weg zur Vernunft bringen. Das muss
ja nicht mit der Peitsche gemacht werden, und auch durch brennende Wortsünden
müssen sie nicht springen. Es genügt, wenn sie sich in der Manege des
aufregenden Wortzirkus an ein paar einfache Regeln halten und einfaches, gutes
Deutsch schreiben.
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