Sonntag, Juni 12, 2016
„Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“. Keine Werbung für Medikamente ohne diesen
Satz. Das ist so vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Die Vernunft spricht für diese
Regelung; denn es könnte nicht nur die gewünschte Wirkung, sondern nebenher
auch eine unerwünschte, riskante eintreten. Klar, dass wir uns davor schützen
wollen. Einleuchtend die Empfehlung, den Arzt oder Apotheker zu fragen.
Verwunderlich ist allerdings die
Tatsache, dass diese wichtige Empfehlung nur hier ausgesprochen wird; es
handelt sich ja bloß um einen kleinen individuellen Bereich unseres Lebens.
Andere können da eine viel größere Bedeutung haben, weil sie viele Menschen
zugleich betreffen.
Nehmen wir als Beispiel die
Energieerzeugung durch Atomkraftwerke. Die Risiken und Nebenwirkungen sind
bekannt, wie Tschernobyl und Fukushima als die bisher schlimmsten Vorfälle von
ungezählt vielen.
Ärzte oder Apotheker hier zu
fragen, ist müßig. Wen aber dann sollten wir fragen? Wer könnte eine Antwort
geben? Wer wäre dazu bereit? Vor allem aber: Wer fragt? Wer könnte fragen? Wer
ist „wir“? Liegt da das Problem? Wahrscheinlich.
Eine neue Technik wird stets als
Fortschritt dargestellt. Die Erfinder, die Entwickler sind stolz auf ihre
Leistung. Das ist gut zu verstehen. So malen sie die Vorteile ihrer Erfindung
in glühenden Farben aus. Natürlich kennen Sie auch die Risiken und
Nebenwirkungen ihres Projekts. Sie sind sicherlich nicht leichtfertig damit
umgegangen. Sie haben abgewiegelt und fanden, dass die Vorteile überwiegen und
die Risiken und Nebenwirkungen nicht der Rede wert sind.
Nicht der Rede wert sind! Das
dürfte der springende Punkt sein. Mögliche, auch wahrscheinliche Risiken und
Nebenwirkungen werden verschwiegen. Weil der Mann von der Straße von Atomen und
ihren Kräften keine Ahnung hat, sieht er nur die Vorteile und ahnt von möglichen
Nachteilen nichts. So kommt er auch gar nicht auf den Gedanken, nach Risiken
und Nebenwirkungen zu fragen. Und wenn er auf diese Idee käme, wen sollte er dann
fragen? Arzt und Apotheker werden ihm keine Antwort geben.
So kommen wir ziemlich
zwanglos-zwangsläufig zu der Frage, ob es nicht höchste Zeit ist, eine Frage-
und Antwortstelle einzurichten, die stellvertretend für den Mann von der Straße
fragt und antwortet.
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