Freitag, April 29, 2016
Wie schön ist unsere Sprache,
wenn wir sie nicht verhunzen, und so voller Überraschungen. So hat Hans Scholz
seinem Roman „Am grünen Strand der Spree“ einen zumindest zweideutigen
Untertitel gegeben: „So gut wie ein Roman.“ Was meinte er mit dieser Zeile?
Wollte er die Qualität seines
Buches unterstreichen? Wollte er uns zu verstehen geben: Romane sind sowieso
gut, folglich auch dieses Buch? Ein Selbstlob also?
Ich glaube nicht. Ich glaube, er
meinte etwas ganz anderes, vielleicht: „Am grünen Strand der Spree“ ist beinahe
ein Roman, aber nicht so ganz, kommt nicht ganz an einen Roman heran? Nein.
Diese kleine Zeile sagt: Hinter diesem Roman steckt mehr. Dahinter verbirgt
sich Wirklichkeit, die entdeckt werden will. Und so ist es auch.
Ist unsere Sprache nicht
wundervoll? Eindeutig, mehrdeutig, vieldeutig. Sie bietet die überraschendsten
Möglichkeiten. Wir sollten sie nutzen, auch wenn wir gelegentlich einen kleinen
Augenblick über das nachdenken müssen, was wir sagen wollen. Das lohnt sich
sowieso immer, beim Sprechen wie beim Schreiben.
Wie groß ist da der Unterschied!
Wir können unsere Stimme senken bis zum Flüstern, wir können sie heben, wir
können lautstark werden, bis unsere Zuhörer ganz kleinlaut werden. Wir können
in Überschallgeschwindigkeit sprechen oder von Wort zu Wort schnecken.
Wenn wir unserem Geschriebenen
Gehör verschaffen wollen, fehlen uns diese Möglichkeiten. Wir müssen nach
anderen suchen. Wie das geht, hat uns Hans Scholz mit seiner Zeile „So gut wie
ein Roman“ vor Augen geführt. Schade, dass er nur dieses eine Buch geschrieben
hat.
0 Comments:
Kommentar veröffentlichen
<< Home