Mittwoch, April 20, 2016

Sprachkinkerlitzchen?


Transparenz. Ich führe nicht Buch über meine Sprachkritiken. Es wird deshalb passieren, dass ich mich wiederhole, mir den einen oder anderen Begriff auch ein zweites Mal oder sogar noch öfter vorknöpfe. Mir macht das nichts aus. Ich fürchte, den Sprachbanausen auch nicht. Wie werden wohl weiter so sprechen und schreiben wie bisher. Aber sie sollen es nicht „ungestraft“ tun. Und so müssen sie damit leben, dass ich wieder einmal ihr Zauberwort „Transparenz“ aufspieße. Alle fordern Transparenz. Alles soll transparent sein, damit jeder weiß, woran er ist. Die am lautesten sich dafür einsetzen, sind meist die größten Geheimniskrämer. Was immer sie verheimlichen können – sie verheimlichen es. Transparenz ist nicht in, stattdessen aber Intransparenz.

Wirtschaftswachstum. Auch so ein Zauberwort. Wenn die Wirtschaft nicht wächst und wächst und wächst, dann geht die Welt unter, unter, unter. Komischerweise ist sie aber noch da. Sollte da irgendetwas nicht stimmen? Es sieht ganz so aus. Nehmen wir folgendes Beispiel: Ein Auto wird bei einem Unfall beschädigt. Das ist zunächst mal ein Verlust. Das Auto wird repariert. Alles ist wieder wie vorher. Und jetzt das Wunder: Die Kosten der Reparatur erhöhen das BIP, das Bruttoinlandsprodukt und tauchen als Wirtschaftswachstum in der Statistik auf.

Es gibt kein unendliches Wachstum. Selbst die größten Bäume wachsen nicht in den Himmel. Und die Wirtschaft erst recht nicht. In der Wirtschaft gibt es wie überall ein immer-währendes Auf  und Ab. Das eine geht zurück, verschwindet vielleicht sogar, wird abgelöst durch anderes, durch neues. Es wird Zeit, sich vom Popanz Wirtschaftswachstum zu verabschieden und den einfachen Gesetzen des Lebens zu folgen. Denen folgt auch die Wirtschaft, so schwer es auch fällt, das einzusehen.

Streng. Diesem unscheinbaren Wörtchen begegnen wir meist dann, wenn irgendwelche Unternehmen, Verbände und sonstwelche Institutionen sich hinter Gesetzen oder Vorschriften verstecken, die vor allem ihren Interessen dienen und nicht denen der Kunden oder der Allgemeinheit. Da wird dann gesagt, dass man selbstverständlich die strengen Vorschriften einhält. Nicht gesagt wird, dass diese Vorschriften alles andere als streng sind. Sie sind häufig von Lobbyisten formuliert, die ja schon ganze Gesetzestexte den „ahnungslosen“ Politikern untergejubelt haben. Wenn wir von strengen Vorschriften hören, dürfen wir in den meisten Fällen davon ausgehen, dass sie windelweich sein.

Transparenz, Wirtschaftswachstum, streng – das und vieles mehr sind keine Sprachkinkerlitzchen. Manches davon grenzt an Betrug, ist Selbstbetrug, soll unverdientes Vertrau-en schaffen. Nein, Sprachkinkerlitzchen sind das nicht!