Freitag, September 06, 2013

Vom Duden und anderem sprachlichen Unsinn

Ich fange mal mit einer Sprachentgleisung an, über die ich mich schon zig Mal aufgeregt habe und bestimmt noch oft aufregen werde: Gewunken. So war es wieder heute, am 24. August 2013, im Hamburger Abendblatt, Kreis Pinneberg, zu lesen.

Meine alte Retourkutsche: Wer sagt, man habe ihm gewunken, der müsste auch sagen: er wank mir zu. Erklärung: Stinken, stank, gestunken = winken, wank, gewunken. Aber das ist eine offensichtlich nicht enden wollende Geschichte.

Mutmaßlich: „…gegen mutmaßliche KZ-Aufseher wird möglicherweise Anklage erhoben…“ meldet DeutschlandRadio am 4. September. Unsinn! KZ-Aufseher waren die infrage stehenden Personen auf jeden Fall. Ob sie Verbrechen begangen haben? Das wird vermutet. – Ich habe den Verdacht, dass die Redakteure von den Haussjuristen der Sender, Zeitschriften und Zeitungen so eingeschüchtert worden sind, dass sie das Wörtchen „mutmaßlich“ auch dort verwenden, wo es bestimmt nicht angebracht ist. „Ein falsches Wort, und schon sind wir dran“ – so könnte der Rat der Juristen an die Redakteure lauten. So wird aus lauter Feigheit sprachlicher Unsinn produziert.

Chillen, Facilitymanager, Quartermanager, Stalker – für jeden Begriff gibt es einfache, zutreffende deutsche Wörter. Aber die machen natürlich nicht so viel her.

Chillen = faulenzen, entspannen, ausruhen, meinethalben auch abhängen. Gut, die Jungs und Mädels sprechen von chillen. Solle sie. Aber muss das nun auch in jeder Zeitung stehen? Zeitungen werden doch vorwiegend von älteren Herrschaften gelesen. Warum also die Jungs- und Mädelssprache? Wollen sich die Damen und Herren Redakteure jünger machen, oder sind sie zu faul, das treffende deutsche Wort zu suchen?

Facilitymanager/Quartermanager = Grundstücksverwalter, Hausmeister oder so? Das Einfache ist nicht mehr gefragt. Es ist wie mit der Putzfrau, die es nicht mehr gibt. Sie ist heute – zumindest – eine Raumpflegerin. Putzfrau ist politisch einfach nicht mehr korrekt.

Laptop, E-Business, Stalker = es ist zu komisch. Nur aus Spaß spreche ich seit einer kleinen Ewigkeit von meinem Klapprechner oder dem meiner Frau, wirklich nur aus Spaß. Und jetzt kommt die Gesellschaft für deutsche Sprache und möchte, dass wir alle Klapprechner sagen und nicht mehr Laptop. So weit möchte ich nicht gehen.

Netzhandel anstelle von E-Business? Ich weiß nicht. Sicherlich gibt es nur wenige Unternehmen, die mit Netzen handeln. Es gibt ja nicht so viele Fischer, die Netze zum Fischfang brauchen, beispielsweise. Wäre Internet-Handel eine bessere Möglichkeit?

Der Stalker. Ich finde das Wort in deutschen Texten ziemlich bekloppt, abgesehen davon, dass man das ja wie sstoooker aussprechen müsste. Hier bin ich, ehrlich gesagt, ratlos. Die GfdS schlägt Nachsteller vor, na ja. Verfolger ginge vielleicht auch. Sollte es im Deutschen möglicherweise gar kein Wort für – ja, für wen geben? Handelt es sich im Irre, um Besessene, um Enttäuschte, um … könnte es nicht sein, dass hier ein einziges Wort nicht ausreicht, um den Verfolgerwahn (nicht den Verfolgungswahn) zu beschreiben?

Und was sonst noch so alles geschrieben wird:

Eindrückliche Schilderung. Gemeint ist eine beeindruckende Schilderung.

„Der alltägliche Dienst am Menschen“. Gemeint ist der tägliche Dienst! (Quickborner Tageblatt 24. 08. 2013)

Rückbauen. Ein schönfärberisches Wort, nichts weiter. Es geht ums Abreißen. Kein so schönes Wort, nicht wahr? Bauen, aufbauen, umbauen, abbauen, vorbauen… ja, ja, ja! Aber rückbauen?

Nachvollziehbar. Auch so ein inflationäres Wort. Zig Leute finden zig Dinge nicht nachvollziehbar. Komischerweise ist so gut wie immer von nicht nachvollziehbar die Rede. Dass jemand etwas nachvollziehen kann, wird so gut wie nie gesagat. Wie erklärt sich das?  Ganz einfach:  Keiner will zugeben, dass er etwas nicht verstanden hat. Oft genug will er es auch nicht verstehen.

In der Sorge, man könne ganz dumm dastehen, wenn man zugibt, etwas nicht verstanden zu haben, wird lieber gesagt, das könne man nicht nachvollziehen.  Das klingt doch viel besser.

Zunächst.  „Der Täter konnte zunächst nicht festgesellt werden.“ So liest es sich alle naselang in der Zeitung. Gemeint ist so gut wie immer, dass auch zum Zeitpunkt des Zeitungsberichts nicht klar ist, wer die Tat begangen hat. Also müsste es heißten: bisher weiß man noch nicht, wer die Tat begangen hat. Offensichtlich haben viele Schreiber hier die Schwierigkeit, die sie auch scheinbar und anscheinend verwechseln lassen.

Mutmaßlich: „…gegen mutmaßliche KZ-Aufseher wird möglicherweise Anklage erhoben…“ meldet DeutschlandRadio am 4. September. Unsinn! KZ-Aufseher waren die infrage stehenden Personen auf jeden Fall. Ob sie Verbrechen begangen haben? Das wird vermutet. – Ich habe den Verdacht, dass die Redakteure von den Haussjuristen der Sender, Zeitschriften und Zeitungen so eingeschüchtert worden sind, dass sie das Wörtchen „mutmaßlich“ auch dort verwenden, wo es bestimmt nicht angebracht ist. „Ein falsches Wort, und schon sind wir dran“ – so könnte der Rat der Juristen an die Redakteure lauten. So wird aus lauter Feigheit sprachlicher Unsinn produziert.

Chillen, Facilitymanager, Quartermanager, Stalker – für jeden Begriff gibt es einfache, zutreffende deutsche Wörter. Aber die machen natürlich nicht so viel her.

Chillen = faulenzen, entspannen, ausruhen, meinethalben auch abhängen. Gut, die Jungs und Mädels sprechen von chillen. Solle sie. Aber muss das nun auch in jeder Zeitung stehen? Zeitungen werden doch vorwiegend von älteren Herrschaften gelesen. Warum also die Jungs- und Mädelssprache? Wollen sich die Damen und Herren Redakteure jünger machen, oder sind sie zu faul, das treffende deutsche Wort zu suchen?

Facilitymanager/Quartermanager = Grundstücksverwalter, Hausmeister oder so? Das Einfache ist nicht mehr gefragt. Es ist wie mit der Putzfrau, die es nicht mehr gibt. Sie ist heute – zumindest – eine Raumpflegerin. Putzfrau ist politisch einfach nicht mehr korrekt.

Laptop, E-Business, Stalker = es ist zu komisch. Nur aus Spaß spreche ich seit einer kleinen Ewigkeit von meinem Klapprechner oder dem meiner Frau, wirklich nur aus Spaß. Und jetzt kommt die Gesellschaft für deutsche Sprache und möchte, dass wir alle Klapprechner sagen und nicht mehr Laptop. So weit möchte ich nicht gehen.

Netzhandel anstelle von E-Business? Ich weiß nicht. Sicherlich gibt es nur wenige Unternehmen, die mit Netzen handeln. Es gibt ja nicht so viele Fischer, die Netze zum Fischfang brauchen, beispielsweise. Wäre Internet-Handel eine bessere Möglichkeit?

Der Stalker. Ich finde das Wort in deutschen Texten ziemlich bekloppt, abgesehen davon, dass man das ja wie sstoooker aussprechen müsste. Hier bin ich, ehrlich gesagt, ratlos. Die GfdS schlägt Nachsteller vor, na ja. Verfolger ginge vielleicht auch. Sollte es im Deutschen möglicherweise gar kein Wort für – ja, für wen geben? Handelt es sich im Irre, um Besessene, um Enttäuschte, um … könnte es nicht sein, dass hier ein einziges Wort nicht ausreicht, um den Verfolgerwahn (nicht den Verfolgungswahn) zu beschreiben?

Und was sonst noch so alles geschrieben wird:

Eindrückliche Schilderung. Gemeint ist eine beeindruckende Schilderung.

„Der alltägliche Dienst am Menschen“. Gemeint ist der tägliche Dienst! (Quickborner Tageblatt 24. 08. 2013)

Rückbauen. Schönfärberei! Es geht ums Abreißen. Kein so schönes Wort, nicht wahr? Bauen, aufbauen, umbauen, abbauen, vorbauen… ja, ja, ja! Aber rückbauen?

Nachvollziehbar. Auch so ein inflationäres Wort. Zig Leute finden zig Dinge nicht nachvollziehbar. Komischerweise ist so gut wie immer von nicht nachvollziehbar die Rede. Dass jemand etwas nachvollziehen kann, wird so gut wie nie gesagat. Wie erklärt sich das?  Ganz einfach:  Keiner will zugeben, dass er etwas nicht verstanden hat. Oft genug will er es auch nicht verstehen.

In der Sorge, man könne ganz dumm dastehen, wenn man zugibt, etwas nicht verstanden zu haben, wird lieber gesagt, das könne man nicht nachvollziehen.  Das klingt doch viel besser.

Anstelle freundlich zugedachter Blumen bitten wir um… Mit dieser Floskel, die immer häufiger in Todesanzeigen zu finden ist, wird es nun ganz schlimm. Wer bittet hier? Natürlich die Trauernden. Warum sie das aber in Stellvertretung der Blumen machen, bleibt rätselhaft.

„Wir bitten, Ihrem Mitgefühl und Ihrer Verbundenheit mit einer Spende für …. Ausdruck zu geben.“ Oder: „Im Namen von …. bitten wir um eine Spende für… und von Blumen und Kränzen abzusehen.“ 

Einen kleinen Seitenhieb kann ich mir nicht verkneifen: Warum ist immer von freundlich zugedachten Blumen die Rede? Von Unfreundlichkeit kann ja wohl nicht die Rede sein.

Und noch etwas, auch wenn ich jetzt abschweife. Mir fällt auf, dass in zunehmendem Maße Dichter und Denker in den Nachrufen zitiert werden. Auf eine Zunahme des Bildungsbürgertums möchte ich das nicht zurückführen. Es werden wohl die immer professionelleren Undertaker sein, die die Literatur nach Brauchbarem durchsuchen. 


Robustes Mandat. Ein reflektiver Mann.  Nahbar (unnahbar). Nicht frauenaffin. Sensible Sicherheitslage.  Obere Mittelschicht (untere Mittelschicht, mittlere Mittelschicht usw.) Gender-gemäße Sprache. Erinnerungskulturell. „Diese Vorfälle hätten so nicht passieren dürfen.“ So nicht? Aber wie dann? Und wünsche ich Ihnen noch einen guten Abend. (Noch einen? Nur diesen? Könnte man auf das „noch“ verzichten?


Robustes Mandat. Ich habe keine Lust, jetzt in eines meiner Wörterbücher zu sehen. Unter robust verstehe ich kräftig, stark, verlässlich geht vielleicht auch noch. Und ein Mandat ist schlicht ein Auftrag und die Berechtigung, etwas zu tun. So weit sehe ich klar.

Wenn ich dann aber lese, dass eine Truppe, welche auch immer, ein robustes Mandat erhält, um irgendwo einzugreifen, dann komme ich ins Grübeln. Gemeint ist doch, dass die Truppe Gewalt anwenden darf – wahrscheinlich anwenden soll. Und warum wird das nicht gesagt? Ich hätte da schon ein paar Gründe. Aber die soll jeder erst mal selbst herausfinden.

Ein reflektiver Mann. Irgendeine Frau hat das in irgendeinem Interview an irgendeinem dieser Tage gesagt. Was hat sie wohl gemeint? Vielleicht einen Mann, der wie ein „Katzenauge“ an einem Fahrrad funktioniert, einen Mann, der das Licht zurückschickt, das auf ihn gelenkt wird? Ein Mann, mit dem man sprechen kann, der einen versteht? Vielleicht war es das. Hätte die Dame dann ja auch sagen können.

Nahbar. Dieses Wort hat mich überrascht. Irgendjemand wurde als nahbar bezeichnet. Das sollte ein Lob sein. Es ging um einen Politiker, der sonst wohl eher als abweisend erlebt wurde. Plötzlich stellte er sich als umgänglich, als zugünglich heraus. Aber da unsere Sprache lebt – ich meine das jetzt nicht ironisch – ist        nahbar als Gegensatz zu unnahbar vielleicht doch eine Bereicherung.

Nicht frauenaffin. Dieser für mich neue Begriff tauchte in einer Filmkritik auf. Die Handlung würde Frauen wohl eher abstoßen, so habe ich das verstanden. Affin – in welcher Kombination auch immer, dürfte dürfte Karriere machen – zumindest in den Medien. Affin gehört zu den Bequemlichkeitswörtern wie Kultur. Man knallt es einfach so in den Text. Jeder wird sich schon seinen Reim darauf machen. Da hat der Autor dann wieder mal in Echtzeit funktioniert – war pünktlich mit seinem Beitrag, aber leider nicht genau.

Sensible Sicherheitslage.  Um was kann es hier gehen? Was heißt sensibel? Empfindlich, zart, zerbrechlich. Vielleicht auch gefühlvoll, aber das ist schon ziemlich weit hergeholt. Und eine Sicherheitslage? Da will ich nicht päpstlicher sein als der Pabst. Das ist so eine Mischung von Sicherheit und Unsicherheit. Nun wäre es sicherlich albern, von einer zarten oder empfindlichen Sicherheitslage zu sprechen oder zu schreiben. Aber wie wäre es, wenn wir von einer heiklen Situation, von einer schwierigen Situation sprächen, von einer Situation, die Fingerspitzengefühl verlangt?

Ich weiß, dass Begriffe wie Sensible Sicherheitslage Kürzel sind, vergleichbar mit den Kürzeln in der heute kaum noch genutzten Stenografie. Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied: Die Stenografie ist genau, die geläufigen Sprachkürzel sind es nicht.

Obere Mittelschicht. Die Oberen 10.000 sind die Oberschicht, also die Reichen. Zur Mittelschicht werden die Wohlhabenden gezählt, oder die, denen es ganz einfach gut geht? Und dann haben wir noch die Unterschicht, das Proletariat. Dazu gehören heutzutage auch Studierte, wenn sie wenig oder gar zu wenig Geld haben.  Wie ich sehe, geht es ums Geld. Aber Geld ist nicht Alles, ist vielleicht das, worauf es gar nicht in erster Linie ankommt.

Jetzt habe ich mich vergallopiert. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich es lächerlich finde von einer oberen Mittelschicht zu sprechen. Da hätten wir dann auch die mittlere Mittelschicht und darunter die untere Mittelschicht?  Wenn es sein muss, bitte schön! Für jede Statistik dürfte das eine Bereicherung sein.

Gendergemäße Sprache. Was soll ich mir darunter vorstellen? Bestimmt werde ich schlauer, wenn ich die Schublade „political correctness“ aufziehe. Also: Es gibt nicht nur Deutsch (als Sprache), sondern auch Männerdeutsch und Frauendeutsch. Anders kann ich das nicht verstehen. Das kann ziemlich anstrengend werden: Deutsch als Muttersprache, Männerdeutsch als erste, Frauendeutsch als zweite Fremdsprache – immer gendergemäß – und dann erst Englisch, Französich, Spanisch usw. Viel Vergnügen.

Ich tippe darauf, dass die Forderung nach einer gendergemäßen Sprache von einer Anhängerin des großen I (AnhängerIn) stammt. Immer noch so kleinmütig? Immer noch kein Selbstvertrauen? Immer noch fifty years behind?

Erinnerungskulturell. Das ist Politikersprech, wie es schöner nicht sein kann. Das finde ich „sprachkulturell“ unter jedem Niveau. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

SO. „Diese Vorfälle hätten so nicht passieren dürfen.“ Vieles darf „so“ nicht passieren, darf sich „so“ nicht wiederholen, „So“ nicht? Aber wie dann?

Mit diesem verdammten „so“ wollen sich alle an dem vorbeimogeln, was passiert ist, aber nicht hätte passieren dürfen. Sie wollen nicht sagen: „Das hätte nicht passieren dürfen.“ Sie haben anscheinend Angst davor, dass man ihnen die Schuld für das Versagen in die Schuhe schieben könnte.

Noch. „Ihnen noch einen guten Abend.“ Redensarten wie diese – immer wieder im Fernsehen zu hören - sind eigentlich Redensunarten. Grund genug, ein paar Worte darauf zu verwenden.

Was ist mit diesem noch gemeint? Ich vermute: nichts. Der ganze Satz wird so hingenuschelt, dass er zum einen Ohr rein und zum anderen Ohr rauskommt.  Dabei könnte man doch was daraus machen. Auf die Betonung kommt es an, was im Schriftlichen nicht ganz einfach darzustellen ist. Ich versuche es trotzdem.

„Und wünsche ich Ihnen noch einen guten Abend.“ Nur einen? Das wäre natürlich gemein.

Dann: „Und wünsche ich Ihnen noch einen guten Abend.“ Das wäre sehr mitfühlend, könnte aber die Befürchtung wecken, dass der Abend doch nicht ganz so gut wird, wie erhofft.

Ach ja, genauso rede ich ja auch. Also sollte ich mich nicht aufregen und schon gar nicht gegen andere giften. Aber das darf doch mal gesagt werden – oder?