Samstag, August 31, 2013

Mord und Totschlag in Syrien

Die Welt regt sich über das Morden auf, das in Syrien seit zwei Jahren tobt. Das ist verständlich. Gott seit Dank regt sich die Welt darüber auf. Aber muss sie deshalb gleich auch verrückt spielen? Sie spielt aber verrückt. Und wie!

Ein Dreitageangriff auf militärische Einrichtungen des Assad-Regimes wird überlegt, von See aus oder aus der Luft. Nein, das Regime will man damit nicht beseitigen. Man weiß ja nicht, was dann kommt. Vielleicht alles noch schlimmer? Nein, es geht um eine Strafexpedition. Jedenfalls ist davon die Rede. Das ist nun wirklich verrückt. Da haben einige offenbar den Verstand verloren.

Die Berichte in Presse, Fernsehen und Funk verwirren auch mich, machen auch mich ratlos. Gegen das Regime zu sein, fällt leicht. Für die Rebellen zu sein, fällt schwer. Wer sind sie wirklich? Was wollen sie? Es scheint keine Opposition zu geben, sondern nur Oppositionen. Und die sind sich auch nicht grün.

Die Menschen in Syrien zerfleischen sich. Warum eigentlich? Weil Assad mit seiner Alawitischen Minderheit alle anderen unterdrückt? Weil Religionsfanatiker ihre Herrschaft errichten wollen? Weil das Regime korrupt ist? Und wie hat das alles vor zwei Jahren überhaupt angefangen? Ich weiß es nicht.

Es ist überhaupt alles verwirrend. „Die ganze Ecke“ dort ist in Aufruhr. Iran, Irak, Israel, die Türkei, die Emirate, Ägypten, der Libanon. Dazu die USA, Russland, China, ach, fast die ganze Welt.

Im Augenblick denke ich, die Syrer sollen das unter sich ausmachen, so bitter das für die Menschen ist, die nur ihr bisschen Leben leben wollen und zu Tode geschunden werden.

Eins weiß ich ganz gewiss: Eine Strafexpedition – so sehr sie Herrn Assad gewünscht werden kann – eine Strafexpedition darf es nicht geben. Ich weiß das, weil ich mir vorgestellt habe, wie das in unserem ganz normalen Leben wäre:

In der Nachbarwohnung erhebt sich ein großes Geschrei. Das Ehepaar hat mal wieder Krach. Sie stürzt ins Treppenhaus und dürfte tüchtig verprügelt worden sein. Die blauen Flecken sind nicht zu übersehen. Die Gründe kenne ich nicht. Und wie es ihrem Mann geht, weiß ich auch nicht. Vielleicht hat sie ihm ein Ohrläppchen abgebissen, mindestens. Ein nicht ganz normaler Streit? Kann sein. Aber eine Frau so zurichten? Das geht nicht.

Der Mann muss bestraft werden. Jetzt und sofort und von mir. Polizei? Die tut sowieso nichts, die kommt bestimmt nicht infrage. Das muss ich regeln. Nein. Also starte ich meine Strafexpedition und verhaue den Mann nach Strich und Faden. Muss ich dafür einen Grund nennen?

Wenn Sie darauf bestehen: Ich schlage meine Frau nicht. Allein das gibt mir das Recht, meinen Nachbarn zu bestrafen. Und das tue ich jetzt. Da lass ich mir nicht reinreden.

Und wenn dann das ganze Haus tobt? Wenn alle übereinander herfallen? Ich habe doch nicht angefangen. Was wollen Sie von mir? Ich wollte doch nur für Recht und Ordnung sorgen.

Eine Karikatur im Hamburger Abendblatt von heute (29. August 2013) bringt es auf den Punkt. Sie zeigt einen Papa, der seine beiden Kinder in den Arm nimmt und zu den heranfliegenden Raketen sagt: „Keine Angst, Kinder, das sind die guten aus Amerika.“