Freitag, August 09, 2013

Das Gedenkstättenproblem

Die Gedenkstätten, in denen Unsinn, Wahnsinn und Verbrechen zur Sprache gebracht wird, haben ein Problem. Ein Problem, das sie bisher nicht erkannt haben oder nicht erkennen wollen: Sie sind, zumindest in erster Linie, auf die Erinnerung,
auf die Vergangenheit, fixiert. Gegenwart und Zukunft kommen so gut wie gar nicht vor, es sei denn… Es sei denn,  wir halten die Floskel „damit das nicht wieder passiert“ für Gegenwarts- und Zukunftsbewältigung.  Damit belügen wir uns selbst.

Alles, was im „Dritten Reich“, unter dem Nationalsozialismus, passierte, ist gar nicht passiert, ist nicht einfach so geschehen, ist nicht vom Himmel gefallen – es wurde gemacht.

Und damit so etwas „nicht wieder passiert“, werden wir in den Gedenkstätten – die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch ist ein Beispiel dafür – nur mit der Vergangenheit bekannt gemacht – ohne Bezug auf die Gegenwart.

Diese Vergangenheit ist schrecklich. Aber sie sagt uns heute nicht mehr, als es die hilflosen Sendungen von Guido Knopp im Fernsehen zeigen. Es berührt uns nicht, nicht wirklich, allen Bekenntnissen zum Trotz.

Wenn es so ist, dann sollten wir die Gedenkstätten abschaffen; sie helfen einfach nicht weiter, sie lösen das Problem nicht. Weg damit also, auch wenn es schmerzt?

Nein, nein, nein!

Machen wir aus den rückwärts gerichteten Gedenkstätten gegenwartsnahe und zukunftsgerichtete Denkstätten:

Denkstätten anstelle von Gedenkstätten!

Nachdenken darüber, was heute und morgen gemacht werden kann. Darüber sprechen. Das Gesprochene in die Tat umsetzen. Machen und nicht passieren lassen.

Das, was heute wichtig ist, besprechen. Sich nicht bequem oder gar feige hinter Parteipolitiken verstecken, sondern sich für die Demokratie stark machen.

Wir sollten nicht vergessen: Politik und ihre willfährigen Handlanger haben die Häftlinge in Springhirsch um ihr Leben gebracht. Deshalb ist das Thema Gedenkstätten ein politisches Thema.

Gedenkstätten dürfen nicht länger eine Museumsveranstaltung sein. Sie müssen dazu beitragen, mit der Gegenwart (des Neonazismus) fertig zu werden und die Zukunft menschenachtend zu gestalten.

Das ist Politik im besten Sinne des Wortes.

22. 02. 2013