Donnerstag, Mai 30, 2013

Herr Goldstücker floh vor den Nazis

Eduard Goldstücker war Jude, Bürger der Tschechoslowakei und Germanist. Das Radiofeuilleton von dradio (Deutschlandfunk) berichtet in seiner Sendung Kalenderblatt über ihn. Anlass: Heute, am 30. Mai 2013 wäre Eduard Goldstücker hundert Jahre alt geworden. Er starb am 23. Oktober 2000 in Prag.

Im Text zur Sendung (Internet) ist zu lesen, dass er 1939 vor den Nazis nach England floh. Vor den Nazis? Wieso vor den Nazis? Es waren doch Deutsche, die Polen überfielen und die Tschechoslowakei besetzten.

Später im Text heißt es dann: „Nach dem Einmarsch von Hitlers Truppen...“. Waren das keine deutschen Truppen? Von Hitlers Truppen war im „Dritten Reich“ nicht die Rede, immer nur von der deutschen Wehrmacht. Und das war korrekt.

Warum trauen wir uns auch heute noch nicht zu sagen, dass Herr Goldstücker vor den Deutschen geflohen ist, dass die deutschen Truppen in die Tschechoslowakei einmarschiert sind?

„Die Nazis“ – das klingt so, als seien das irgendwelche Fremde gewesen, mit denen niemand etwas zu tun hatte, jedenfalls nichts zu tun haben wollte. Ist das nicht verlogen? Ich fürchte, es ist verlogen. Warum tun wir uns das an?

Aber wir kommen nicht ungeschoren davon. Weil wir uns an dem, was war, vorbeischwindeln, haben wir heute die Neonazis am Hals. Und die werden wir nicht los, wenn wir nicht endlich ehrlich mit unserer Geschichte umgehen.

(Quelle: dradio.de – Radiofeuilleton, Kalenderblatt, „Ein freier Geist“, Doris Liebermann, 30. 05. 2013)