Sonntag, September 08, 2013

Trickkiste

Wie Politiker gern in die sprachliche Trickkiste greifen, zeigt folgendes Beispiel: SPIEGEL ONLINE Netzwelt berichtet am 6. September unter „Internet-Verschlüsselung: Bundesregierung redet Snowden-Enthüllungen klein“, dass die Bundesregierung aktuelle Snowden-Enthüllungen als „völlig unbewiesene Behauptungen“ bezeichnet. Es geht darum, dass der Geheimdienst sogar verschlüsselte Kommunikation im Internet knackt.

Der Sprecher des Innenministeriums „verlautbart“, dass sich schon einmal eine Behauptung Snowdens als falsch herausgestellt habe. Er sagt: „Damals hat Herr Snowden behauptet, in Deutschland würde die NSA flächendeckend bei deutschen Bürgern die gesamte Kommunikation abfischen. Dieser Verdacht ist völlig ausgeräumt worden und hat sich als gegenstandlos erwiesen.“

Nun haben weder der Whistleblower Edward Snowden noch die an den Enthüllungen beteiligten Medien diesen Vorwurf erhoben. Die Bundesregierung stellt hier selbst eine Behauptung in den Raum, um sie danach widerlegen zu können – ein klassisches Ablenkungsmanöver. Die Bundesregierung weist also einen Verdacht zurück, der nicht geäußert wurde – um tatsächliche Vorwürfe nicht weiter kommentieren zu müssen.

Ein übler Trick, aber kein neuer. Ein Trick, zu dem nicht nur Politiker greifen. Die Größen der Wirtschaft tricksen genauso gern und genauso raffiniert. Das wird sich nicht ändern. Einziges Gegenmittel: Aufpassen und sich nicht für dumm verkaufen lassen! Ist aber nicht einfach.

Chuzpe – Unverfrorenheit

Warum sind unsere Fernsehinterviewer in ihren Gesprächen mit Politikern so zurückhaltend? Warum haben sie nicht den Biss, der ihre Kollegen in den USA auszeichnet?

Vielleicht liegt es daran, dass ARD und ZDF staatliche Fernsehanstalten sind. Selbst wenn das nicht korrekt formuliert ist, wiederhole ich es: staatliche Fernsehanstalten. Wenn ich daran denke, wie viele Strippenzieher im Hintergrund dieser Sender wirken, kann ich nur recht haben.

Dafür spricht auch der Auftritt von Stefan Raab beim sogenannten Fernsehduell zwischen Frau Merkel und Herrn Steinbrück. Nur er hat mal nachgehakt, hat das Vorgekaute nicht einfach runtergeschluckt.

Dieser ganz persönliche Ärger erinnert mich an ein Interview, das vor einiger Zeit einer unserer Staatsfernseher mit Frau Merkel geführt hat.

Frau Merkel wurde eine Frage gestellt, die sie nicht beantworten wollte. Also gab sie eine Antwort, die mit der Frage gar nichts zu tun hatte. (Noch so ein Griff in die sprachliche Trickkiste.)

Ihr Staatsfernseh-Interviewer war mutig und sagte, das sei nicht die Antwort auf seine Frage. Frau Merkel erwiderte: „Aber es ist meine Antwort.“

Das mag schlagfertig klingen. Aber es war nichts anderes als eine bodenlose Frechheit. Ihr Gesprächspartner war – sprachlos. Schade! Er hätte nicht klein beigeben sollen.

Vielleicht begreifen unsere Fernsehinterviewer irgendwann doch noch, dass die Medien die vierte Gewalt in unserer Demokratie sind nach Exekutive, Legislative, Judikative.

Mehr Mut, meine Damen und Herren!  Sie müssen sich nicht alles gefallen lassen. Erinnern Sie sich im richtigen Augenblick daran, dass es Ihr gutes Recht ist, auf „Augenhöhe“ aufzutreten. Nehmen Sie dieses Recht für sich in Anspruch!