Montag, September 09, 2013

Ganz allein

Am 7. September 2013 veröffentlichte das Hamburger Abendblatt einen sehr anrührenden Beitrag: „Frau Hansen wird unsichtbar.“

Es geht um das Alleinsein, um Einsamkeit, um verlassen zu sein von allen Menschen.
Frau Hansen ist 81 oder 82, wohnt im dritten Stock, ist nicht mehr gut zu Fuß. Schon die wenigen Schritte zum nächsten Supermarkt strengen an. Aber das ist nicht das Problem.

Frau Hansen ist inzwischen ganz allein. Verwandte? Freunde? Bekannte? Es gibt sie nicht mehr. Sie sind tot. Sie allein ist übrig geblieben. Nachbarn, Mitbewohner? Mietshäuser sind anonym. Man kennt sich nicht. Man sieht sich nicht. Und wenn man sich sieht, ist ein kurzer Gruß alles – wenn überhaupt.

Frau Hansen hat vor drei Tagen das letzte Mal mit jemandem gesprochen. Das war die Kassiererin im Supermarkt. Ein Wortewechsel mag das gewesen sein. Ein Gespräch war es sicherlich nicht.

Vor drei Tagen ein paar Worte gehört. Vor drei Tagen ein paar Worte gesagt. Im Tod ist man allein. Aber schon im Leben?

„Ach, wenn Sie jetzt weggehen, bin ich für den Rest des Tages allein“, sagt ein alter Mann in einem Pflegeheim zu seiner Betreuerin, die nur 23 Minuten am Tag Zeit für ihn hat. „Allein“, sagt der alte Mann und weint. (Quelle: DER SPIEGEL 25, 2010.)