Samstag, Januar 12, 2013

Political Correctness vs. Toleranz

Was gestern noch richtig war, soll heute falsch sein? Soll – wirklich soll? Es könnte falsch sein. Vielleicht wird es nur als falsch empfunden, was etwas anderes ist und trotzdem aufs Gleiche hinausläuft: auf Empörung, Rechthaberei, Streit. Zum Schluss, ich sehe das schon kommen, klopft man sich gegenseitig auf die Finger, ohrfeigt sich möglicherweise noch. Was ist los?

Nigger, Neger, Negerkönig, die „Zehn kleinen Negerlein, Mohr, Mohrenkopf, Zigeuner, Eskimo werden auf einmal zu Unwörtern erklärt. Von wem eigentlich?

Eine Person namens „Political Correctness“ ist mir nicht bekannt. Wer also sagt, was korrekt ist und was nicht. Und mit welcher Berechtigung? Wer verfügt über richtig und falsch?

Klar, wir sehen heute vieles mit anderen Augen. Ich gebe zu, dass auch für mich „Nigger“ ein Schimpfwort ist, für Mark Twain in seinem Huckleberry Finn war es das nicht. Deshalb sollte es meiner Meinung nach auch dort bleiben, und wenn es mehr als hundert Mal dort auftaucht.

„Neger“ ist für mich kein Schimpfwort. „Niger“, schwarz, ist der Wortursprung. Was ist daran schlimm? „Farbiger“ soll es heißen. Farbig sind wir alle. Die einen schwarz, die anderen braun, weitere rot oder gelb, und sogar Weiß kommt vor.

Dass wir Weißen die Neger früher verachteten, steht nicht zur Debatte. Bis auf ein paar Irre, von denen wir in Deutschland allerdings mehr als genug haben, siehe Neonazis, gibt es hier kein Problem.

Machen wir uns doch nicht lächerlich! Was ist an einem Negerkuss so schlimm, dass wir ihn Schokokuss nennen sollten? Selbst BDM-Mädchen haben sich nach dem Untergang des „1000-jährigen Reiches“ von Negern küssen lassen, und nicht wenige haben dann ein Baby bekommen – nicht ganz schwarz, nicht ganz weiß, das war damals nicht „Political correct“, aber es war so.

Den „Negerkönig“, der jetzt „Südseekönig“ heißen soll, will ich ebenso überschlagen wie „Die zehn kleinen Negerlein“. Wie soll dieses Kinderlied denn jetzt gesungen werden? Am besten gar nicht. Das wäre „political correct“, ja?

„Der Mohr“ hat seine Schuldigkeit getan, jedenfalls nach Friedrich Schillers „Die Verschwörung des Fiesco…“. Schreiben wir Schiller jetzt um? Kein Wort von mir zum „Mohrenkopf“ – ist schon unter „Negerkuss“ abgehandelt.
Aber der „Mohr im Hemd“ ist doch noch ein paar Worte wert. So heißt eine wienerischer Süßspeise, die ich hier nicht schildern möchte, weil sie gleich jeder haben will. Da ist doch jemand auf die Idee gekommen, diesen armen Mohren  umzutaufen in „Farbiger im Hemd“. Wenn Farbenblinde das hören, werden sie gleich sagen, das sei „politisch nicht korrekt“.

Klingt’s in Ihren Ohren? Dann ist es Zeit für den „Zigeunerbaron“ von Johann Strauß. Der darf auch nicht mehr so durchgehen. „Der Sintobaron“ – das klingt noch ungewohnt, wäre aber „political correct“. Welche Konzertdirektion macht den Anfang?

Für die Indianer in Nordamerika, für welche eigentlich, soll das Wort „Eskimo“ ein Schimpfwort für die „Iniuts“ gewesen sein. Deshalb sollten wir jetzt nicht mehr „Eskimo“ sagen oder schreiben. Sind wir nordamerikanische Indianer? Also, was soll der Unsinn?!

Ich jedenfalls werde auch morgen noch und hoffentlich noch ein wenig länger „Neger“, „Mohrenkopf“, Zigeuner und andere politisch nicht korrekte Wörter in den Mund nehmen, aussprechen, zu Papier und in den Computer bringen.

Als ich vor Jahren einmal sagte: „Hier geht es ja zu wie in einer Judenschule“, wurde ich sofort von einer jungen Frau angefaucht. Das sei diskriminierend. Das kann man so sehen, aber man muss es nicht. Ich wollte nur sagen: „Hier versteht man sein eigenes Wort nicht, so laut ist es hier.“

Ich war noch nie in einer Judenschule. Und wenn es solche Schulen gibt, sind sie bestimmt nicht lauter als andere Schulen. Es war einfach ein Redewendung, kein Urteil.




Nun sollen auch wichsen (Schuhe einkremen) und verwichsen (verhauen) nicht mehr zulässig sein. Die Begründung wird schamhaft verschwiegen. Offenbar wird befürchtet, dass Kinder heute bei wichsen an einen Wichser denken, der sich selbst befriedigt. Vor solch schmutzigen Dingen müssen wir unsere Kinder beschützen, nicht wahr? Weltfremder geht es kaum noch. Fehlt nur, dass auch wienern (zum Beispiel Schuhe blank putzen) auf die Liste kommt, weil sich die Wiener diskriminiert fühlen könnten.

Jede Zeit hat ihre Sprache. Müssen wir deshalb die Sprache von gestern ausrotten?

11. 01. 2013