Montag, Januar 07, 2013

Für wen schreiben sie?

Resilienz, Dignität, denotativ, konnotativ, Lemma, narrativ usw. usw. – alles das und tausend Mal mehr ist Tag für Tag in unseren Zeitungen und Zeitschriften zu lesen.

Mit Denglisch und vermeintlichem Englisch kommen wir ja schon ganz gut zurecht, und niemand hier verwechselt den Back Shop mit einem Hinterhofladen.  Aber Resilienz?

Ob da das Kleine Latinum reicht? Muss man das Altsprachliche Gymnasium besucht haben, um diese Wörter entziffern zu können? Das ist zu befürchten. Aber wer gehört schon zu dieser Elite?

Vielleicht die 7,5 Millionen STERN-Leser? Oder die SPIEGEL-Leser (6,3 Millionen)? DIE ZEIT bringt es auf 1,5 Millionen Leser, die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG ebenfalls, 930.000 Leser hat die FAZ und mit 860.00 Lesern ist DIE WELT auch dabei. Dann kommen ein paar Titel hinzu, die noch elitärer sind, und von denen ich nicht weiß, wie viele Leser sie haben, zum Beispiel Cicero, Brand eins.

Wenn ich die Leserschaften all dieser Titel addierte, käme ich tatsächlich auf etwa ein Viertel aller Bundesbürger. Das geht natürlich nicht, schon wegen der Doppel-und Dreifachleser nicht. Ein Viertel aller Deutschen mit mindestens Kleinem Lati-num? Nee, das kann nicht sein.

Zum Schluss wird eine Minderheit bleiben, die Resilienz, Dignität usw. auf Anhieb versteht.

Schreiben STERN, SPIEGEL & Co für diese Minderheit? Nein, denn dann gäbe es diese Blätter nicht mehr. Sie wären längst an Anämie, pardon, Blutarmut  dahin-gegangen.

Zurück zur Frage „Für wen schreiben sie?“ Sie, die Redakteure, die Chefredakteure, die Editoren, die Kommentatoren, alle die, die uns Seite für Seite zeigen, wie viel klüger sie sind und dass sie in Latein immer eine Eins hatten?

Dies  hier könnte der Punkt sein, die Erklärung: Jahrmarkt der Eitelkeiten. Da hat jeder seinen kleinen Pavillon, in dem er uns seine Kunstfertigkeit vor Augen führt. Aber eben nicht nur uns, sondern vor allem der ganzen Zeitungswelt. Die Kollegen sind beeindruckt und die Leser kommen sich dumm vor. So einfach ist das.

Die Resilienz- und Dignitätsschreiber übersehen nur, dass die Sache auf die Dauer nicht beeindruckt und ihr Hochmut, das Kleine wie das Große Latinum, überlesen wird. Aber das ist nur eine Hoffnung.

In Wirklichkeit wird es so weiter gehen wie bisher: Erst kommt das Denglische, dann das Kleine Latinum und dann das Große Latinum. Vor dem Altgriechischen scheinen sich sogar die Ausgebufftesten zu fürchten. Man beschränkt sich auf das, was man hat.