Montag, Februar 07, 2011

Demokratie

Demokratie scheint sich zum Wort oder Unwort des Jahres 2011 zu entwickeln. Überall springt uns das Wort ins Auge, und immer – seit einigen Tagen – im Zusammenhang mit den Aufständen in Nordafrika, in der arabischen Welt.
Bis gestern herrschten dort Ruhe und Ordnung. Und jetzt ist der Teufel los – und wir verteufeln die Diktatoren, die seit Jahrzehnten dort die Knute schwingen. Wir sind empört.

Wir feiern die Aufständischen, die wie man uns weismachen will, wie wir gern glauben möchten, für Demokratie – nach unserem Verständnis - kämpfen. Demokratie nach unserem Vorbild? Wohl kaum. Sie kämpfen darum, ein anständiges Leben führen zu können, ohne Hunger, ohne Unterdrückung, ohne sich den Mund verbieten zu lassen. Und sie kämpfen für eine anständige Arbeit für einen anständigen Lohn, damit sie alles das verwirklichen können. Für unser Demokratieverständnis gehen sie sicherlich nicht auf die Straße, lassen sich nicht dafür verprügeln, ins Gefängnis stecken oder erschießen. Das wäre auch sehr dumm.

Ich glaube, ich gehe nicht zu weit, wenn ich sage, dass unsere Demokratie den Diktaturen nur in einem Punkt wirklich überlegen ist: Die Machtwechsel finden in kürzeren Abständen statt. Ambitionierte Politiker und ihre Meute kommen schneller an die Futterkrippe als in einer Diktatur. Helmut Kohl hat mit 16 Jahren eine Ausnahmeleistung hingelegt. Herr Mubarak regiert seit 30 Jahrren.

Ach ja, in diesem Zusammenhang gibt es auch noch andere Fragen. Warum laufen die Medien, ob Presse, Funk oder Fernsehen, so bereitwillig an der Leine der Politik? Jetzt auf einmal wissen alle Journalisten, was seit Ewigkeiten in Tunesien, in Ägypten, in Marokko, Libyen, im Jemen und in Jordanien läuft. Bisher war das kein Thema. Wir haben keine politische Presse, nur eine angepasste.

Gut, ich will nicht ungerecht werden. Auch Kritisches kommt in unseren Medien vor, sogar in so konservativen Titeln wie dem Hamburger Abendblatt. Am 01. 02. 2011 bringt das Abendblatt auf Seite 16 ein Interview mit Stefan Wenzel unter der Überschrift „Kumpanei mit der Atomwirtschaft“. Da geht es um das „marode Endlager Asse“ und wie es dazu kam.

Von der Asse zu Gorleben, zu Lubmin und den Castor-Transporten ist es nicht weit. Aber auch hier frage ich: Wer hat den Unsinn, nein, den Wahnsinn, zur Sprache gebracht? Die Medien? Nein, es waren Bürger, ganz einfach Bürger, Zeitungleser,
Fernsehzuschauer, Rundfunkhörer. Die Medien sollten sich durch eigene Initiativen dankbar zeigen und mal selbst nach dem rechten sehen.

Wenn jetzt jemand fragt: Und wo bleibt das Positive? Dann antworte ich mit Erich Kästner „Es gibt nichts Gutes, es sei denn, man tut es.“ Das sei unseren Journalisten in ihr Aufgabenheft geschrieben: Sucht selbst nach dem, was in unserer Demokratie falsch läuft. Wartet nicht immer, bis Fritzchen, Hänschen und Kurtchen euch auf die Sprünge helfen.