Freitag, Januar 28, 2011

Lasst alle Hoffnung fahren?

Ich habe gestern, am 27. Januar, am Gottesdienst der Martin Luther-Kirchengemeinde in Quickborn-Heide teilgenommen, obgleich ich alles andere als ein Kirchgänger bin.

Hingeführt hat mich die Ankündigung, Thema sei das Gedenken an die sechs Millionen Juden, die wir Deutschen ermordet haben; der Anlass: vor 66 Jahre wurde das KZ Auschwitz von der Roten Armee befreit.

Über allem stand „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Das ist eine treffend gestellte Frage. Die Antwort – wenn ich die Andacht zusammenfasse – war ja. Und doch war die Antwort unbefriedigend.

Gastpastor Dr. Stefan Durst sprach zwei, drei Minuten über den in der evangelischen Kirche tief verwurzelten Judenhass, allen voran Martin Luther. Auch heute seien 15 bis 20 Prozent der Deutschen antisemitisch eingestellt (ich weiß das aus einer aktuellen Studie der Friedrich Ebert-
Stiftung). Das alles ohne Gefühlsregung, ein Bericht wie in den Fernsehnachrichten oder im Radio.

Zwei Gemeindemitglieder lasen irgendwelche Texte vor.

Der Pastor der Gemeinde? Ich erinnere mich schon jetzt nicht mehr daran, was er gesagt hat. Ich will ihm nicht Unrecht tun; es kann an meinem schlechten Gedächtnis liegen. Bemüht hat er sich.

Der Kirchenchor hat hingebungsvoll gesungen. Der Gesang einer Solistin war schrecklich. Das elektronische Musikinstrument der Gemeinde produziert hörbar unterschiedliche Qualitäten. Klavierstücke waren erträglich, die Orgelpartien eine Qual.

Etwa 20, 25 ältere Herrschaften hatten sich versammelt, Alters-durchschnitt – ich schätze: 70 Jahre. Dabei war die Rede davon, dass all das Schreckliche zur Abschreckung den Kindern, den Enkeln und den kommenden Generationen vermittelt werden müsse. Aber außer den Alten war niemand da. Von weitergeben kann nicht die Rede sein.

Der größte Vorzug der Andacht war ihre Kürze. Nach einer knappen Stunde war alles vorbei.
28. 01. 2011