Sonntag, Januar 23, 2011

Konventionell. Der Selbstbetrug, der uns noch umbringen wird.

22. 01. 2011

Da haben wir wieder mal einen Skandal, einen Lebensmittelskandal, Schlüsselwort: Dioxin. Alle regen sich auf, vor allem die Politiker. Sie versprechen das Blaue vom Himmel, aber es muss damit gerechnet werden, dass es bei den Versprechen bleibt.
Alles andere wäre ein Wunder. Deshalb zurück zur Wirklichkeit – jenseits aller Wunder.

Herr Sonnleitner, Bauernpräsident, spricht im Hamburger Abendblatt-Interview (20. Januar 2011) von einem „Schaden von 100 Millionen Euro“. So viel würde es die Bauern kosten, deren Höfe wegen Dioxin-verseuchter Eier und Schweine gesperrt worden sind. Das ist bitter für die Bauern. Jeder Einzelne von ihnen ist Opfer, hat aber zu der „Vergiftung“ beigetragen.

Eine kühne Behauptung? Eine Gemeinheit vielleicht? Als ich als kleiner Junge in einem kleinen Dorf in Mecklenburg lebte, hatte jede Kuh im Dorf einen Namen. Das war überall so, auch bei den Großbauern. Und alle Menschen wurden satt, mal abgesehen davon, dass die Bauern mehr hatten als die Flüchtlinge und die Ausgebombten. Aber das ist ein anderes Thema.

Morgens wurden die Kühe gemolken (Melkmaschinen gab es damals nicht), dann ging es auf die Weide. Abends zurück auf den Hof. Da wurde wieder gemolken. Im Stall war genügend Platz für jedes Tier und genug Stroh, um sich die Knochen nicht wund zu liegen.

Das ist heute offenbar anders. Den Kälbern werden die Hörner weggeätzt, was wohl höllisch weh tut, damit sie – wenn sie groß sind – sich im Stall nicht gegenseitig verletzen. Zu „meiner Zeit“ war das kein Problem. Die Tiere standen und lagen so weit auseinander, dass sie sich nicht in die Quere kamen. Heute werden sie so eng zusammengefercht, dass sie sich kaum rühren können. Und wenn sie noch ihre Hörner hätten, könnten sie sich tatsächlich verletzen.

Warum machen wir das? Weil mehr Kühe auf weniger Raum mehr Geld bringen. Und weil es so viele Kühe gibt, hat auch keine mehr einen Namen, sondern eine Nummer, die in einem Computer gespeichert ist. Damit komme ich zu dem Schlüsselwort „Tier-KZ“.

Damit komme ich zu der Lüge, die Herr Sonnleitner in seinem Abendblatt-Interview
Immer wieder ausspricht: Konventionelle Landwirtschaft. Wir haben – bis auf geradezu lächerlicher Ausnahmen, keine konventionelle, sondern eine industrielle Landwirtschaft. Diese Landwirtschaft zieht nicht Tiere groß, sondern betreibt eine
Kreaturverachtende Fleischproduktion. Die ekligen Einzelheiten der Tier-KZs will ich hier nicht erwähnen, dass den Puten die Schnäbel gestutzt werden, soll aber doch gesagt werden. Ich denke, das ist so pervers wie die Beschneidung der Mädchen in Afrika. Aber darüber regt sich niemand auf. Tiere sind ja nur Sachen.

Was Herr Sonnleitner konventionell nennt, ist industriell. Aber da macht er ja nur gemeinsame Sache mit seine Kollegen in Europa.

Eins würde ich gern wissen: Ob Herr Sonnleitner seinen Hund oder sein Katze genau so behandeln würde wiie seine Kühe, seine Schweine, seine Hühner und Puten? Ich will ihn einmal fragen. Ob er mir antworten wird?