Samstag, Dezember 19, 2009

Verraten und verkauft

Dies ist die Fortsetzung von „Wischiwaschi und das Märchen von den Sterntalern“.

„Gewisse Eliten haben versagt“, sagt der Erste Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust, im Hamburger Abendblatt-Interview vom 3. Dezember, und räumt ein „Es gibt Fehler von allen Seiten.“ So liest sich der erste „Wischiwaschi“-Absatz.

Klingt das nicht einsichtig? Ist da möglicherweise gemeint, nicht nur Banker, Hedgefondsmanager, geldgierige Unternehmen, brutalglobale Kapitalisten reinsten Wassers hätten den Schlamassel verursacht, in dem wir jetzt weltweit und hautnah stecken, sondern auch Politiker?

Eine leise Andeutung dieser Möglichkeit war das wohl. Mehr aber auch nicht. Vor allem war es der Versuch um Verständnis zu werben für etwas, das nicht zu verstehen ist und das kein Verständnis verdient: der Versuch, den anderen in die Schuhe zu schieben. So weit das Vorwort. Und jetzt zum „heulenden Elend“, wie SPIEGEL online am 15. 12. 2009 schreibt:

Thema Landesbanken. Die HSH wollte der weltgrößte Finanzier von Container-schiffen werden. Die WestLB glaubte, im globalen Investmentbanking mitspielen zu können. Die BayernLB wollte den Osten erobern. So weit SPIEGEL online. Von anderen Landesbanken soll hier gar nicht die Rede sein. Auch sie haben sich nicht mit Ruhm bekleckert, sondern Milliarden gekostet.

Wo ist das Problem? Da haben Bankmanager ihren Größenwahn ausgelebt. So etwas kommt nicht nur in der Finanzindustrie vor. Da kracht dann ein Unernehmen zusammen und ist weg. Wenigstens sollte es so sein. Seit der Begriff „systemisch“ herumgeistert, ist das auch nicht mehr so.

Bei den Landesbanken ist das ein wenig anders. Hinter den größenwahnsinnigen Bankern standen ebenso größenwahnsinnige Politiker. Heide Simonis sagte dazu sinngemäß: „Jedes Jahr 70 Millionen EURO Dividende für den Landeshaushalt, das machte uns besoffen.“ Leider sagte sie das erst, als sie schon lange nicht mehr die Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein war. Mitgespielt, aber nicht mitgehangen.

Und nun bei der BayernLB? Garantie für 10 Milliarden EURO. 3,7 Milliarden EURO futsch durch die Affäre Hypo Alpe Adria Bank.

Nicht nur in den Landesbankfällen spielen die Politiker Versteck. Sie wenden den Trick „Haltet den Dieb – ich bin es ja nicht“ überall an.

Verraten und verkauft werden wir zur Zeit durch das Größenwahnsinnbeschleu-nigungsgesetz. Fragwürdige Entlastungen steuergeplagter Bürger sollen vor allem von den Bundesländern und den Kommunen bezahlt werden. Das können die aber gar nicht, ohne Pleite zu gehen.

Wo ist das Problem in diesem Fall? Die Pleitiers brauchen am 18. Dezember doch nur nein zu sagen, und schon wird ein milliardenschwerer Unsinn zu Makulatur.

So geht das aber nicht in der Politik. Der Grund: Die schwarzen und schwarzgelben Ministerpräsidenten, die Bundesländer also, würden der Bundeskanzlerin, also der Bundesregierung, die Arschkarte zeigen.

Und so wird geschachert, gekungelt und gefeilscht, damit niemand das Gesicht verliert. Aber sind wir Chinesen, die niemals ihr Gesicht verlieren dürfen? Dürfen wir nicht auch mal verlieren? Dürfen unsere Politiker nicht auch mal verlieren? Es muss ja nicht gleich das Gesicht sein. Ihre Glaubwürdigkeit ist ohnehin zum Teufel.
Rien ne vas plus – nichts geht mehr.

Das Spiel geht so: Ihr sagt ja, und wir schieben euch die Penunze zu., die ihr braucht.
Ob wir das aber wirklich tun, wissen wir noch nicht. Wichtig ist ja im Augenblick nur, dass wir unsere Wahlversprechen einhalten: Steuersenkungen.

Bitte das Thema nicht zu eng zu sehen! Dass nur die Bessergestellten besser gestellt werden und die Armen nichts davon haben – Schicksal! Dass alle, alle, alle, jeder Steuerzahler die Zeche zum Schluss bezahlen muss, das wird nicht gesagt.

Steuern werden gesenkt, Abgaben werden erhöht. Das nennt man Nullsummenspiel.
Die Bundesregierung will die Bundesländer bestechen. Es ist zu fürchten, dass ihr das gelingt.

Und deshalb sind wir verraten und verkauft.

PS: So ist es nun auch gekommen. Der als Held aufgetretene Harry Peter Carstensen (MP von SH) ist als Maulheld von der Bühne abgetreten. Super Nanny und ihr galanter Begleiter haben befohlen, und die Parteilsoldaten standen stramm, gestern, in der Bundesratssitzung. Nun haben wir die Bescherung, rechtzeitig zu Weihnachten.

Ich gehe davon aus, dass unsere Super Nanny ihre Versprechungen, die sie den Bundesländern gegeben hat, nicht einhalten wird. Und von den Kommunen ist überhaupt nicht die Rede. Die meisten haben so leichtfertig gewirtschaftet, dass sie vorn und hinten nicht hochkommen können. Und nun werden sie noch einmal zur Kasse gebeten – gefragt wurden sie nicht. So geht man mit dem Geld anderer Leute um. Nur weil man den Mund vor der Wahl vollgenommen und Steuersenkungen versprochen hat.

Noch einmal: Deshalb sind wir verraten und verkauft.