Dienstag, November 10, 2009

Nur ein paar Bäume. Oder: sie lernen es nicht.

Wie unverfroren unsere Politiker sind, wie weit sie sich von den Menschen entfernt haben, deren Interessen sie zu vertreten vorgeben, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Hamburg. (Bericht: Hamburger Abendblatt, 10. 09.2009.)

Da steht ein Buchenwäldchen von 500 Bäumen. 130 davon sollen für den Bau ökologisch anspruchsvoller Mietshäuser mit 55 Wohnungen zu Kaltmieten von unter 9 Euro pro Quadratmeter gefällt werden.

Die Bürger sind dagegen und haben das mit einem Bürgerentscheid klar gemacht. Damit sollte die Sache eigentlich vom Tisch sein. Ist sie aber nicht; denn die Bezirksverwaltung wird den Bürgerentscheid (voraussichtlich?) beanstanden. Und das geht so:

Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts kann die Zulässigkeit eines solchen Bürgerentscheids nur aus formalen Gründen abgelehnt werden, und die gibt es.

Es gab vor dem Bürgerentscheid bereits einen positiven Bauvorbescheid, der nach Fristablauf automatisch zu einer Baugenehmigung geworden ist. Das wurde den Bürgern verschwiegen. Und so war die Durchführung eines Bürgerentscheids von vornherein sinnlos. Damit haben wir den formalen Grund, auf den die Bezirksverwaltung pocht.

Das ist aber noch nicht der ganze Skandal; denn alles spricht dafür, dass sich die Sache wie folgt entwickelt: Die Bezirksversammlung könnte die Beanstandung übernehmen und damit den Bürgerbescheid in den Papierkorb werfen. Das wird sie aber wohl nicht tun, weil das die Altonaer GAL bei ihren Anhängern in Schwierigkeiten bringen würde. Schließlich hat sich die GAL immer für mehr Elemente von direkter Demokratie ausgesprochen.

Das nächste Kapitel des Skandals: Die Bezirksversammlung wird wohl die letzte Entscheidung dem Senat zuspielen und der kann dann anstelle der Bezirksversammlung den Bürgerentscheid null und nichtig machen. Es ist anzunehmen, dass er das auch tut. Dann wäre der Bürgerentscheid für die Katz und die 130.000 EURO, die er gekostet hat, auch. Im übrigen ist das nur ein Fall von vielen in Hamburg.

Wie gesagt: Die Baugenehmigung lag vor Beginn des Bürgerbegehrens vor, was die Bezirksverammlung verschwiegen hat. Trickreich? Das wäre geschmeichelt. Es ist perfide und zeigt, wie weit sich die Parteien - in diesem Fall die GAL - von den Bürgern entfernt hat.

Und dann werfen sie ihren Wählern Politikverdrossenheit vor und bejammern die geringe Wahlbeteiligung. Sie wollen nicht wissen, sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass die Wähler keineswegs politikverdro-ssen sind. Es handelt sich um Parteienverdrossenheit.