Samstag, August 16, 2008

Warum Flucht aus der Politik? Gedanken zur deutschen Parteienkrise

Hier einige Auszüge aus diesem Beitrag der WELT am SONNTAG:

„Nun ist zweifellos die Zugehörigkeit zu einer Partei kein zverlässiger Gradmesser des poliitischen Interesses, zumal man niemals mit ansehnlichen Zahlen aufwarten konnte. Aber wohl keinem entgeht in der täglichen Erfahrung, dass heute viele Menschen vor der Politik fliehen, und dies nicht nur in der Form einer milden oder müden Abwehr, … sondern in der Form des deutlich ausgesprochenen Bekenntnisses, dass man mit der Politik nichts mehr zu tun haben wolle… In einem Kursus angehender Journalisten, der im vorigen Sommer in Hamburg stattfand, interessierten sich von 80 Teilnehmern nur vier für Politik, alle anderen für Feuilleton oder Sport… Auch eine Demokratie braucht Männer, die Hoffnung und Mut geben…Genau wie die Schaustellung eigener Bedeutung oft nur die Abwehr-Reaktion eines geminderten Selbstbewusstseins ist, sind die starken Verdammungen der Politik oftmals nur verkleidete Aufschreie eines unbefriedigten politischen Lebenswillen.“

Gelesen habe ich diese Zeilen im August dieses Jahres (2008) Veröffentlicht wurden sie in der ersten Ausgabe der WELT am SONNTAG am 1. August 1948, also vor 60 Jahren.

Den wichtigsten Gedanken dieses Artikels habe ich hervorgehoben: „Auch eine Demokratie braucht Männer, die Hoffnung und Mut geben.“ Ich füge hinzu: Auch Frauen, die Hoffnung und Mut geben.

Genau an diesen Männern und Frauen fehlt es. Wohin ich sehe: Parteibuchhalter, Parteisoldaten, Kurzsichtige, Kurzatmige, die nur in Wahlperioden denken können. Funktionäre, die vorgeben Visionen zu haben. Wir brauchen keine Visionen. Wir brauchen Ziele, wir haben Aufgaben zu lösen. Wir müssen arbeiten und nicht palavern.

Merkwürdig. Was vor 60 Jahren geschrieben wurde, gilt noch heute. Steht die Zeit still?