Freitag, März 07, 2008

Es wird schamlos gelogen, und alle machen mit

Mit der Wahrheit wird es oft nicht so genau genommen. Das scheint eine menschliche Schwäche zu sein. Nur, zu weit darf der Schwindel nicht gehen, jedenfalls nicht so weit, wie es die deutschen Automobilhersteller treiben.

Beispiel: Die Frankfuter Allgemeine Zeitung schreibt in „Der Fahrbericht: Audi A4 2.0 TDI“ unter anderem: „Verbrauch 6,8 bis 8,5, im Durchschnitt 7,3 Liter Diesel je 100 km; 144 g/km CO2 bei Normverbrauch vn 5,5 Liter…“

Wer genau liest, erfährt, dass der Testverbrauch rund 30% höher ist als der Normverbrauch. Logischerweise liegt dann auch der CO2 Ausstoß bei 183 g/km und nicht bei 144 g/km.

Frage: Warum übernimmt die FAZ die Herstellerangaben so unkritisch? Von den Anzeigen der Automobilindustrie lebt die FAZ nicht. Von „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ kann also nicht die Rede sein. Gedankenlosigkeit? Oder doch Industriehörigkeit?

Selbst Gedankenlosigkeit wäre schlimm genug. Zitat aus der FAZ vom 5. März im Bericht über den Genfer Autosalon: „…Auf dem Genfer Autosalon tragen zwanzig weiße BMW dreistellige Zahlen – Beleg für ihe Umweltverträglichkeit. So sieht der Messebesucher, dass selbst ein großer Sportwagen wie der BMW 635d nur 183 Gramm Kohlendioxid in die Luft schleudert oder dass ein 118d mit 119 Gramm unter jenem umstrittenen Grenzwert von 120 Gramm liegt, der in Europa von 2012 an gelten soll. Zahlen, die sich sehen lassen können.“

Erstens: Die Zahlen sind geschönt, nein, sie sind gelogen. Denn ihnen liegen wieder die sogenannten Normwerte zugrunde, und die stimmen nicht – siehe Audi A4-Beispiel.

Zweitens: Den Grenzwert von 120 g/km wollte die deutsche Automobilindustrie in freiwilliger Selbstverpflichtung bis 2008 sicherstellen. Sie ist Welten davon entfernt.

Versprochen, gebrochen – und die deutschen Medien spielen das Spiel mit.

Ach ja, das hatte ich vergessen: Es geht um Arbeitsplätze. Es geht um den Standort Deutschland. Das erklärt alles, um mit Columbo zu sprechen. Diese Erklärung, Mr. Columbo, ist leider nichts wert. Arbeitsplätze werden in Deutschland nach Belieben abgebaut, d. h. die Leute werden auf die Straße geschickt. Und der Standort Deutschland ist überall auf der Welt zu finden.

Und weil ich schon den gewünschten, geduldeten und weit verbreiteten Unwahrheiten auf der Spur bin, auch noch dies:

Der Normverbrauch der Automobile wird jenseits jeder Praxis und dazu noch mit viel Mogelei errechnet. Anscheinend hat hier noch niemand etwas von der nicht zulässigen Irreführung des Verbrauchers gehört, oder man setzt sich schlicht und einfach darüber hinweg.

Und dann: Bei der Auskunft über die Zuladekapazität der Autos wird der Fahrer mit 75 kg berechnet. Noch nie etwas von der Übergewichtigkeit gehört, unter der die deutsche Nation leidet? Wenn wir von diesem „Normgewicht“ ausgehen, wird wahrscheinlich bei den meisten Autos das zulässige Gesamtgewicht überschritten.