Montag, August 13, 2007

Nach ALDI

Fragt ein Deutscher, der schnell noch etwas einkaufen will, einen Türken: „Wo geht’s nach ALDI?“ Antwortet der Türke: „Zu ALDI.“ Der Deutsche: „Was, ALDI schon zu?“

Ein dummer, abgegriffener Witz? Abgegriffen ja, dumm bestimmt nicht; denn er zeigt, wie dümmlich wir mit unserer Sprache umgehen. „Wegen mir“ und „gewunken“ sind nur zwei Beispiele. Sie genügen.

Aber sie sind nur „die Spitze des Eisbergs“, der nun endlich einmal „auf den Prüfstand gestellt“ werden muss. Sollen wir den ganzen Eisberg oder nur seine Spitze „auf den Prüfstand stellen“? Je nach unserer Entscheidung haben wir die Wahl zwischen „der nun endlich einmal…“ und „die nun endlich einmal… auf den Prüfstand gestellt werden muss.“

Damit komme ich zur „Political Correctness“, die es angeblich auch bei uns gibt. Gemeint ist wohl, was man ungestraft oder auch unter Strafandrohung sagen darf.

Mitarbeiter darf man heute nicht mehr suchen, weil das Wort Mitarbeiter männlich ist – das Wort, wohlgemerkt. Mitarbeiter können aber durchaus männlich oder weiblich sein. Politisch korrekt ist aber Mitarbeiter/innen. Zu welchen verqueren Formulierungen dieser Unfug führt, ist in jedem Stellenanzeigenteil jeder Zeitung nachzulesen.

Politisch korrekt wird inzwischen aber auch private Korrespondenz geführt: „Ich würde mich freuen, wenn Sie/Ihr dabei wärt.“

Wenn „Sie dabei wärt“? Nach ALDI oder doch zu?

Nein, das ist nicht gemein. Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. Diese Sprachschluderei sollten wir nicht hinnehmen und mitmachen schon gar nicht!

Noch viel schlimmer ist, dass wir uns durch den Missbrauch kleiner, harmloser Worte einlullen lassen. Da ist beispielsweise von einem „sensiblen Thema“ die Rede. Was ist damit gemeint?

Sensibel heißt nach Brockhaus „empfindlich, einfühlsam“. Ein empfindliches, einfühlsames Thema ist aber kaum vorstellbar. Gemeint ist ein heikles, ein problematisches Thema, ein Thema, das Kopfschmerzen machen kann. Aber das wäre zu deutlich gesagt, nicht wahr?

Schlimmer noch: „ein sensibler Ort“. Sensibel kann ein Ort nicht sein, gefährlich aber durchaus. Das ist wohl gemeint. Aber wäre das nicht wieder viel zu deutlich?

Nicht selten ist die Rede davon, dass man irgendwelche Leute für irgendwelche Sachen sensibilieren müsse. Was könnte damit gemeint sein? Will man diese Leute auf irgendetwas mit der Nase stoßen? Will man ihnen etwas klar machen? Möchte man ein Gefühl für irgendetwas wecken? Es gibt viele Möglichkeiten, und jede verdient es, beim Namen genannt zu werden. Das setzt allerdings voraus, dass man

mal ein paar Minuten nachdenkt, bevor man mit „sensibel“ herausplatzt.

Noch eine Kleinigkeit: Bis zur Rechtschreibreform, die ja nun endlich zu so einer Art Gesetz geworden ist, habe ich geschrieben, wie ich es in der Schule gelernt habe –

mehr oder weniger richtig. Seitdem schreibe ich wie Goethe und Schiller. Die schrieben, wie ihnen die Feder gespitzt war – mehr oder weniger richtig.

Der Unterschied? Heute wird mehr oder weniger falsch geschrieben – mehr falsch.

Das liegt auch an der Flüchtigkeit des Computerschreibens, der auch ich mich nicht entziehen kann.