Montag, August 13, 2007

Zeitgeschichte(n)

„Mehdorn sauer“ – eine kurze Notiz im heutigen Hamburger Abendblatt. Dien Entscheidung über die Privativierung der Deutschen Bahn wurde wieder einmal verschoben, und das Bahnmanagement hat „Zweifel daran, ob die Entscheidung über die Zukunft des DB-Konzerns nun wirklich zeitnah fällt“.

Was ist mit zeitnah gemeint? Doch nichts anderes als bald, in Kürze, demnächst, lieber heute als morgen. Jede dieser Formulierungen sagt genauer, sagt deutlicher, worum es geht.

Von zeitnah zum Zeitfenster ist es nicht weit. Auch so ein Wort, das so lange nachgeplappert wird, bis man es gar nicht mehr in seinem Unsinn wahrnimmt. Meist sind die Zeitfenster eng. Das heißt nichts anderes als: „Wir haben nicht mehr viel Zeit, wir müssen bald etwas unternehmen, die Dinge müssen in Kürze geregelt werden. Das ist auch viel genauer. Aber Genauigkeit ist heute wenig gefragt. Man muss sich ja ein ein Hintertürchen, nein, ein Zeitfenster offen halten.

Bitte jetzt nicht das Zeitfenster mit dem Zeitraum entschuldigen. „In einem Zeitraum von 20 Jahren werden sich die Dinge wie folgt entwickeln…“ könnte man sagen und würde das auch gut verstehen. Die Zeit als Raum, den man ausgemessen hat, das klingt einleuchtend. Aber ein Zeitfenster von 20 Jahren?

Kleine Zwischenbemerkung: Warum müssen immer Entscheidungen getroffen werden? Warum wird nicht einfach entschieden?

Von zeitnah und Zeitfenster schnell noch ein kurzer Ausflug zum Kernwort Zeit. Dieses Wort ist eines der geheimnisvollsten, rätselhaftesten. Zeit ist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wenn das nur alles wäre!

Wir haben keine Zeit. Wir nehmen uns die Zeit. Die Zeit will nicht vergehen. Die Zeit läuft uns davon. Auf Zeit spielen. Alles zu seiner Zeit. Die Zeit ist abgelaufen. In früheren Zeiten (die Zeit tritt also gelegentlich auch im Plural auf). Zeitgeschehen. Zeitlos. Weltzeit. Ortszeit.

Die Zeit: Ein Universum, ein Labyrint, ein zeitloses Abenteuer, etwas, das nie ganz zu verstehen sein wird.