Dienstag, April 04, 2006

Heute schon gedeutscht?

Unsere Sprache bezieht ihren Reichtum aus vielen Quellen, Altgriechisch und Latein gehören dazu. Vom Alt- und Mittelhochdeutschen finden sich Spuren, das nachbarliche Französich und das insulare Englisch haben ihren Einfluss.

So ist es nur natürlich, dass sich in unserer Sprache alles mögliche versammelt. Dazu kommen gewisse Moden. Sie kommen und gehen, wie es Moden nun mal an sich haben.

Vor gut hundert Jahren war es "vornehm", Perron statt Bahnsteig zu sagen, eine Fahrkarte wurde Billet genannt (heute Ticket), und ein etwas kürzerer Mantel war ein Paletot. Ja, und dann gab es noch die Pelerine, einen Umhang, den die Damen vornehmlich bei schlechtem Wetter trugen. Nun, das ist lange vorbei.

Heute ist das anders. Vorlieben werden heute nicht mehr von einer Gesellschaftsschicht bestimmt - damals dem Großbürgertum - , sondern von der Politik und der Wirtschaft, Gruppierungen, die vom Alltagsleben recht weit entfernt sind. Und so sprechen und schreiben sie auch:

Konsens statt Übereinstimmung. Dissens statt Meinungsverschiedenheit. Konstanz statt Beständigkeit. Portfolio anstelle von Angebot. Klandestin statt geheim. Leader statt Führer (ist seit Hitler ein Unwort, berechtigterweise), Leadership und nicht Führerschaft.

Und dann Fokus, fokussieren, fokussiert sein, sich fokussieren. Es ist noch gar nicht so lange her, da hat man sich auf etwas konzentriert, hat seine Aufmerksamkeit ganz besonders auf etwas wichtig erscheinendes gerichtet. "In unserem Fokus"... = im Mittelpunkt unserer Arbeit...

Was für ein Firlefanz wird hier getrieben? Was soll diese Sprachgockelei, dieses Angeben, dieses sich Aufplustern mit Wörtern?

Können wir nicht mehr so reden und schreiben wie uns der Schnabel gewachsen ist?