Samstag, Juli 14, 2018
„Was wir nicht sagen durften.“ (DIE ZEIT
5. 7.) „Beim Integrationsgipfel der Kanzlerin wurde nur ein Positionspapier der
Migranten präsentiert. Es gab aber zwei. Das offizielle Plenumspapier sagte
vereinfacht: Wir Migranten sind hier, und ihr müsst uns so nehmen, wie wir
sind! Unser Papier (Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände) dagegen
forderte den Einsatz auch der Migranten für eine gelingende Integration. Es
wurde vom Bundeskanzleramt zwar zur Kenntnis genommen, aber während des Gipfels
tat man so, als ob es nicht existierte.“ Warum wurde das Migrantenkonzept
unterdrückt? Vermutung: Die Bundesregierung ist zu feige, auf die Mitarbeit der
Migranten einzugehen. Lieber stellt man sie in die Ecke. Bloß nicht den
Migranten zu weit entgegen kommen. Das könnte Ärger mit dem dummen Wahlvolk
geben.
„Integration
durch Normalität.“ (DIE ZEIT 28. 6.) Bloß nicht zu genau werden: Man könnte
beim Wort genommen werden, Danach richtet sich auch Franziska Giffey,
SPD-Politikerin und Familienministerin. Lt. ZEIT hat sie gleich nach Amtsantritt
gefordert, dass Erzieher (in Kitas) wie Grundschullehrer bezahlt werden. Im
ZEIT-Gespräch korrigiert sie diese Ankündigung: „Ähnlich bezahlen, habe ich
gesagt.“ Mit „ähnlich“ dürfte „weniger“ gemeint sein. Wie verträgt sich das mit
der Aussage „Die Kita ist die erste
Bildungseinrichtung für ein Kind, und dafür braucht es bestes
pädagogisches Personal.“ Das bekommt man aber nicht für lau. Das Beste hat nun
mal seinen Preis. Das hat Frau Giffey anscheinend nicht begriffen. Aber sie ist
ja auch erst seit gut 100 Tagen Ministerin.
„Der Preis für
unseren Geiz“ überschreibt DIE ZEIT
vom 28. 6. einen ihrer Artikel und notiert einleitend: „Produziert die
Landwirtschaft Lebensmittel, entstehen Kosten für Umwelt und Gesundheit. Die
berechnet bisher niemand. Ein UN-Bericht will das ändern.“
Nach ein paar einführenden Sätzen wird das Gleichnis
von den blinden Gelehrten zitiert, die einen Elefanten beschreiben sollen. Da
sie ihn nur berühren können, können sie sich kein umfassendes Bild von ihm
machen. Dieses Gleichnis wird auf die „blinden Gelehrten“ des Agrarsystems
übertragen.
Drei „Blinde“ werden geschildert: der
Agrarwissenschaftler, der Wirtschafts-wissenschaftler und der Umweltexperte.
Gemeinsam ist ihnen, dass jeder nur sein Fachgebiet betrachtet und die anderen
nicht zur Kenntnis nimmt.
Auszüge aus dem Originaltext: „Der erste, der
Agrarwissenschaftler, sorgt sich um die Ernährung einer wachsenden
Bevölkerung.“ „Als zweiter Blinder will der Wirtschaftswissenschaftler Märkte
so weit öffnen, dass Lebensmittel überall preiswert zur Verfügung stehen.“ „Der
dritte Blinde, der Umweltexperte, möchte den Planeten… retten.“ Aber erst das
Zusammenspiel dieser drei Ziele wird zu einem Erfolg führen. Dazu gehört, dass
mit der Schaden-Nutzen-Bilanz landwirtschaftlicher Produkte nicht nur Acker,
Weiden und Ställe betrachtet werden, sondern die ganze Wertschöpfungskette
einschließlich der Ver-schwendung. Das bedeutet: „…bewusster machen, dass
Bürger ihr Essen mehrfach bezahlen: an der Ladentheke, mit steigenden
Krankenkassenbeiträgen sowie mit ihren Steuern, die für Subventionen, die
Entgiftung der Umwelt oder die Säuberung verschmutzten Wassers ausgegeben
werden müssen.“ Schlusssatz: „Billige
Lebensmittel können am Ende sehr teuer sein.“
Fremdwörter
sind immer dann ganz besonders fremd, wenn mit ihnen angegeben wird. Der
Begriff Utopie – Wunschbild, Wunschtraum – ist wohl uns allen geläufig, das
Gegenteil – Dystopie – dagegen nicht. Es taucht neuerdings allerdings immer
häufiger auf. Wie wäre es mit Albtraum?
Richtig schlimm, weil nichts anderes als Angeberei,
wird es, wenn das Mitschwingen, das Anklingen eines Gedankens, eines Themas,
mit resonieren bezeichnet wird. Zu beidem, Dystopie und resonieren,
versteigen sich Thomas Beschorner und
Miriam Meckel in ihrem Aufsatz „Mut zum Träumen“ (DIE ZEIT 27, 28. Juni).
Immer, wenn ich der Protzerei der Sprachgockel
begegne, muss ich an Oriana Fallacis
Mutter denken, die ihre Tochter
ermahnte: Schreibe so einfach, dass deine Mutter es versteht. Die Mutter
war eine einfache Frau. Was konfrontativ meint, hätte sie wohl nicht
verstanden, streitsüchtig aber bestimmt.
10. /11. Juli
2018
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