Mittwoch, Juni 06, 2018
4. Juni 2018
Aufgelesen: „Warum müssen sich alle immer anpassen?“
fragt Sophia Bogner in DIE ZEIT vom 30. Mai. und gibt auch gleich die Antwort: „Es würde doch
reichen, wenn wir einander friedlich ignorieren.“ Ihre Ansicht ist so
überzeugend, dass sie notiert werden muss. Die Andersartigkeit des anderen, sie
nervt, sie pro-voziert…Nirgendwo kann man das besser beobachten als zu
Stoßzeiten in der U-Bahn: muslimischer Koranschüler neben tätowiertem
Schwulenpärchen mit Dobermann, Glatzköpfige spanische Hipster-Frau mit
Sonnenbrille neben Berliner Kneipenwirtin, die früher mal ein Mann war und sich
fragt, „wat die ganzen Spanier bloß hier wollen“. Frau aus Pforzheim (gerade
hergezogen) neben alter Türkin mit Kopftuch (lebt schon immer in Neukölln), die
mit der einen Hand in der Luft wedelt und mit der anderen der Pforzheimerin den
Mittelfinger zeigt, weil die so dumm im Weg steht. – Wer sollte sich in diesem
U-Bahn-Wagen nun wem anpassen? Und warum? Es würde doch reichen, wenn sie
einander friedlich ignorieren.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
„In bester Ordnung.“ So schreibt DIE ZEIT am 30. Mai
und ergänzt:“Zu Besuch im Herzen der Finsternis: „Wie der Glyphosat-Hersteller
Monsanto versucht, sein schlechtes Image aufzubessern.“ Und jetzt? Der Juni ist
erst ein paar Tage alt, und Bayer hat Monsanto gekauft. So schnell kann’s
gehen. Interessant: Bayer lässt den Namen Monsanto in der Versenkung
verschwinden. Ob das auch für Glyphosat gilt, wird nicht gesagt. Ein paar
halbherzige, lächerliche Verbote werden das Gift nicht stoppen.
5. Juni 2018
Aufgelesen,
Fortsetzung. „15 % der Grundschüler können am Ende der vierten Klasse kaum
rechnen. Sie können einfachste Aufgaben nicht lösen.“ (DIE ZEIT 30. Mai).
Passend dazu „Das Düsentrieb-Dilemma“ (DER SPIEGEL, 2.
Juni). Thema: „Der deutsche Ingenieur denkt verbreitet noch in den Gewissheiten
von gestern, dabei ist er längst mit den Herausforderungen von morgen
konfrontiert.“ Digitalisierung scheint weitgehend ein Fremdwort zu sein, das
noch nicht verstanden worden ist.
„19 % aller Zehnjährigen können nicht richtig lesen.
Das werden einmal 19 % aller Erwachsenen sein.“ Wir verblöden, sind auf dem Weg
zu einer Nation von Analphabeten. „Wer sich in der Bildungspolitik umtut, stößt
auf bemerkenswerte Fälle pädagogischen Abenteurertums: Referendare werden als
Klassenleiterersatz angeheuert; Akademiker. die vorher noch nie vor einer
Klasse standen, sollen plötzlich Migrantenschülern die Feinheiten der deutschen
Schriftsprache beibringen. In Ländern wie Schleswig-Holstein kommen seit
geraumer Zeit sogar Krankenschwestern, Köche und Freizeitpädagogen ohne Studium
zum Einsatz. Eigentlich sollten sie den Schulbetrieb nur unterstützen. Wenn
sich die Krankheitsfälle im Kollegium aber häufen, müssen die Laienlehrer als
Vertretung ran – mitunter mehrere Monate lang.“ (DIE ZEIT, 30. Mai)
Schon seit Langem beklagen sich die Universitäten
darüber, dass sie dem Erstsemester Nachhilfeunterricht geben müsste, damit
Studenten der Studienreife wenigstens nahekommen. Ähnliches ist aus Industrie,
Handwerk und Dienst-leistung zu hören. Alles spricht dafür, dass es noch
schlimmer wird. Die Regierung (Bund) und die Regierungen (Länder) verbocken das
seit Jahren. Besserung ist nicht in Sicht. Auch wenn es ein Nazi-Spruch ist,
hier soll er einmal zitiert werden: „Deutschland erwache!“ Das ist nicht schlimmer als das, was unsere
Politiker nicht tun, auch wenn es weh tut.
„Die perfekte
Lüge“ – Ton- und Videoaufnahmen lassen sich immer raffiinierter und
glaubwürdiger verfälschen. Schwarzseher trauen den filmischen Fake News zu, die
Demokratie zu zerstören.“ (DER SPIEGEL,2. Juni)
Man muss kein Schwarzseher sein, um das Schlimmste zu
fürchten, denn „Es ist sehr einfach, den Leuten etwas als wahr zu verkaufen,
das gar nicht wahr ist.“ Mit zwei Fotos zeigt der SPIEGEL wie es geht:
„Schülerin Gonzales mit Zielscheibe (Originalvideo), mit US-Verfassung
(Fälschung)“. Der Münchner Informatiker Nießner sieht die Sache nicht so
dramatisch. „Zusammen mit seinen Kollegen hat er gerade ein Detektivprogramm
entwickelt. FaceForensics erkennt mit großer Wahrscheinlichkeit, ob ein Film
echt ist oder nicht. Dazu entwickeln die Münchner Forscher zusammen mit der
gemeinnützigen AI Foundation ein Browser-Plug-in, das Fake-Videos automatisch
entlarven soll. Jeder Nutzer könnte damit befähigt werden, in seinem Firefox-
oder Chrome-Browser die Dichtung von der Wahrheit zu trennen.“ So weit, so gut,
aber nicht gut genug. Den Fakes bleiben Tür und Tor geöffnet.
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