Freitag, Juli 07, 2017

Merkeleien

Frau Merkel liebt es, sich in aller Deutlichkeit undeutlich auszudrücken. Es wäre billig, sich darüber lustig zu machen, auch wenn dies und jenes zum Lachen reizt. Dahinter steckt auch nicht sprachliche Unlust oder Geringschätzung. Und wer jetzt mit ausgestrecktem Zeigefinger auf ihre sicherlich nicht sonderlich ausge-prägte rhetorische Begabung hinweist, lässt es an Hochmut nicht fehlen, wohl aber an Höflichkeit.

Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass unsere englischen Freunde von dieser entschiedenen Unentschiedenheit so beeindruckt sind, dass sie merkeln, to merkel, in ihr Vokabular aufgenommen haben und es wohl in ihre dictionaries  aufnehmen werden, über kurz oder lang. Wenn das keine Anerkennung, wenn das keine Auszeichnung ist – was, bitte, dann?

ZEIT-Autor Adam Soboczynski hat sich recht ausführlich und wohlwollend kritisch zu der immer wieder rätselhaften, verrätselnden Wortführung geäußert. Dazu nimmt er uns auf einen kurzen Ausflug ins Merkel-Philosophische mit: „Überall stoßen wir auf ein Denken, das kein Morgen kennt“ – „Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist“ – „Wir sind jetzt gerade im Sommer der Entscheidungen. Und dann kommen der Herbst und dann der Winter. Jetzt kommen überhaupt nur Entscheidungen.“ Wie gedankenschwer und lyrisch!

Eins allerdings hat Herr Soboczynski beiseitegelassen – den unsinnigen Gebrauch von „ein Stück weit“. Frau Merkel wird diese Redewendung, die uns täglich um die Ohren geschlagen wird, nicht erfunden haben, aber sie hat sie auf die Spitze getrieben mit „wir müssen ein Stück weit Flagge zeigen“. Ein Stück weit? Welches Stück, bitte schön? Da es sich wohl um die Nationalflagge gehandelt hat: - ein Stückchen Schwarz oder Rot oder Gold? Entweder zeigt man Flagge – ganz und gar und lässt sie im Wind wehen – oder gar nicht.