Mittwoch, Juni 28, 2017
Fangen wir da an, wo man immer anfangen sollte – am Anfang:
„Im Mai 1889 verabschiedet der Reichstag des Deutschen Reiches unter
Führung Otto von Bismarcks das Gesetz zur Alters- und Invaliditätsversicherung.
Alle Arbeiter zwischen 16 und 70 Jahren müssen nun in die gesetzliche
Rentenversicherung einzahlen. Der Beitragssatz beträgt 1,7 Prozent und wird
jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Das Gesetz sieht
eine Rente ab 70 Jahren vor, wenn zuvor 30 Jahre lang Beiträge eingezahlt
wurden. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt zu Bismarcks Zeiten bei 40
Jahren.“ (Quelle. www.t-online.de
› Finanzen)
Das
Prinzip ist geblieben, so gut wie alles
Andere hat sich geändert. Daran doktert die Politik seit Jahrzehnten herum. Für
den Bundestagswahlkampf ist die Rente ein großes Thema. Das leuchtet ein. Wer
möchte nicht für sein Alter vorsorgen? Und wer ihm dabei hilft, hat gewonnen.
Was versprechen die Parteien?
Die SPD will das Rentenniveau bis 2030
stabil halten. – Die FDP will den
Anstieg der Beiträge begrenzen und mehr private Vorsorge. – DIE LNKE will die „Rente 67 abschaffen
und verlangt eine solidarische Mindestrente von 1.050,00 €, Eigen- und
Steuergeld-finanziert. – BÜNDNIS 90 /
DIE GRÜNEN: Gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche Altersversorgung
und dazu eine private. Ziele: eine Garantierente und dann eine
Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, auch Selbständige und Beamte. – CDU/CSU sagen lieber gar nichts.
Darüber will man erst nach der Bundestagswahl sprechen.
An der
Wirklichkeit mogeln sich alle Parteien (mehr oder weniger) vorbei, und von den
„kleinen“ Ungerechtigkeiten spricht niemand: Der Arbeitgeberanteil ist seit
einiger Zeit geringer als der der Arbeitnehmer. Frage: Haben Unternehmen keine
Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter – und sei sie noch so klein ? Würde das
nicht den westlichen, sprich christlichen Werten entsprechen, von denen so oft
die Rede ist?
Wenn
sich die Parteien die Augen zuhalten, nicht hören wollen, aber bis auf die
schweigsame CDU/CSU den Mund weit aufreißen, dann müssen wir ihnen ein paar
Dinge klarmachen.
In den
1960er Jahren finanzierten sechs Beitragszahler einen Rentner, heute müssen das
zwei schaffen. Wie soll das gehen? Es geht nicht. Rente erst ab 67 statt mit 65
ist mehr als Selbstbetrug und Schummelei. Die richtigen Worte wird jeder selbst
finden.
Gegen
Arbeit über 65 Jahre hinaus spricht nichts, wenn sie der Einzelne leisten kann.
Ein Architekt kann sehr wohl auch noch mit 70 Pläne zeichnen, ein Maurer aber
nicht dann noch auf dem Gerüst stehen (DIE ZEIT, 14. Juni 2017).
Das
Allerempörendste aber ist die große Beschäftigungslüge, und wenn nicht Lüge,
dann Selbstbetrug: 45 Jahre regelmäßige Arbeit zu angemessenem Entgelt. Das
wird immer seltener.
Lohndumping
trotz gültigem Mindestlohn, Zeitarbeit, Werksverträge, befristete
Arbeitsverträge in Serie bis hinein in Universitäten – Ausbeutung, hübsch
verpackt. Wie sollen da 45 Jahre zusammenkommen, die ein erträgliches Auskommen
im Alter in Aussicht stellen? Diese Frage ist bis heute ohne Antwort. Die
Parteien sind sprachlos.
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