Mittwoch, März 08, 2017
Immer, wenn vermeintlich
bedeutende Menschen von der Zukunft sprechen, wird es gefährlich. Das gilt
zumindest für die Politik. Und in der Wirtschaft? Da wird es teuer. Beispiele
dafür gibt es genug. Die meisten sind so unappetitlich, dass sie nicht erwähnt
werden sollen. Jedem werden auf Anhieb einige einfallen.
Wir haben es offenbar mit einem
Problem zu tun. Philosophen werden es bestimmt lösen können, wenn sie es nicht
schon längst gelöst haben –theoretisch.
Halten wir uns deshalb gar nicht
erst mit der Theorie auf, gehen wir die Sache praktisch an. Wir wollen also
nicht debattieren, was Zukunft überhaupt ist, wann sie anfängt (in der nächsten
Minute oder erst morgen oder irgendwann). Wir wollen darüber nachdenken, und
darüber sprechen, ob wir das, was es noch gar nicht gib, nämlich die Zukunft,
gestalten können. Den Wunsch, den Wahn gibt es, wie folgendes Beispiel zeigt.
Ein zukunftstrunkener Politiker
schwadroniert vom autonom fahrenden Auto und welch unendlichen Gewinn es der
Menschheit, also uns, bringen wird. In einem müssen wir ihm recht geben. Dieses
ihm vorschwebende Automobil würde unser Leben verändern, nicht nur unser Leben,
sondern auch uns selbst.
Das Auto-Auto unseres Politikers
fährt nicht nur problemlos um die Ecke, biegt nicht nur korrekt ab, hält
rechtzeitig vor der roten Ampel, benimmt sich so vorbildlich, wie es nicht
einmal ein Fahrlehrer kann. Nein, das Auto-Auto kann viel mehr.
Es ist intelligenter als das
ebenfalls zukunftswahnsinnige intelligente Haus, in dem wir wohnen sollen.
Dieses Haus denkt und handelt für uns. Wir brauchen an nichts mehr zu denken.
Es wärmt uns im Winter, es kühlt uns im Sommer. Es öffnet uns die Tür und
schließt sie wieder. Der Kühlschrank sagt uns, was wir wann kaufen müssen und
wann der Yoghurt das Verfalldatum überschreitet. Fehlt nur noch, dass unser
intelligentes Haus unserem intelligenten Auto sagt, wann es wo zu welchen
Preisen einkaufen soll. Aber das kommt noch. Davon ist unser Politiker
überzeugt. Daran glaubt er fest. Und er weiß auch schon genau, wie das geht.
Das Auto-Auto unseres Politikers
weiß nicht nur alles, es kann auch alles. Es stellt nicht nur fest, dass
demnächst die Bremsbeläge erneuert werden müssen. Das können heutzutage auch
schon normale Autos. Das Auto-Auto blättert im Kalender unseres Politikers und
sieht, dass er an einem bestimmten Tag einen Termin in der Sowiesostadt hat und
dieser Termin vier Stunden in Anspruch nehmen wird. Zeit genug, die Bremsbeläge
zu erneuern. Klug wie das Auto-Auto ist, sucht es nach einer nahegelegenen
Werkstatt, findet sie auch, macht einen Termin aus, bringt unseren Politiker zu
seiner Verabredung, fährt zur Werkstatt und holt anschließend unseren Politiker
ab. Selbstverständlich regelt sein Auto-Auto die Bezahlung der Werkstatt –
genügend Geld auf dem Konto vorausgesetzt. Aber auch dafür wird das Auto-Auto
gesorgt haben. Man braucht nur ein superintelligentes Smartphone, aber das hat
ja bald jeder.
Dann braucht man auch kein
eigenes Auto mehr. Man pfeift sich einfach ein Auto-Auto heran, und das
erledigt dann alles. Fährt zum Bäcker Brötchen holen, bringt die Kinder in die
Schule, zum Tennis, Golf und zum Musikunterricht, bringt erst die Freundin weg,
bevor es die Ehefrau aus dem Fitnessstudio abholt. Vergessen wir auch nicht die
immer noch notwendigen Fahrten ins Büro. Selbst die längsten Staus verlieren
ihre Schrecken. Das Auto-Auto fährt und steht autonom, und wir lesen entspannt
die neuesten Nachrichten, lassen uns aus dem neuesten Bestseller ein paar
Seiten vorlesen, vielleicht bereiten wir uns sogar auf unsere Arbeit vor, wer
weiß?
Der helle Wahnsinn, das alles.
Beglückende Zukunft. Wenn da nicht die Gegenwart wäre. Die stört. Zu Beginn der
Veranstaltung, auf der unser Politiker auftrat, funktionierte das Mikrofon
nicht. Wenn nicht mal das klappt, wie
soll das beim Auto-Auto gehen? Bei einem Prototyp, der gerade durch London
fährt, sind zwölf Kameras und fünf Radarsysteme nötig, um einigermaßen
durchzukommen. Für Sonderfälle muss ein menschlicher Helfer in einer
Datenzentrale aushelfen. Schon bei nur 1.000 Auto-Autos braucht man 1.000
Mitarbeiter dafür – rund um die Uhr. Der helle Wahn-Sinn!
Abgesehen davon: 12 Kameras, 5
Radarsysteme – 17 Fehlerquellen. Und nichts davon kann man selbst in Ordnung
bringen. Ein Wahn, der wenig Sinn macht. Viel Vergnügen!
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