Montag, Dezember 19, 2016
Nicht nur Spinnen weben ihre Netze. Wir machen das auch, siehe Internet. Das
Dumme ist nur: Wir verfangen uns in den Netzen, die wir spinnen. (Das passiert
den Spinnen nie.) Wir sind unser eigenes Opfer.
Das Internet: Möglichkeiten über Möglichkeiten. Jeder
kann alles - alles lesen, alles
erfahren, an allem teilnehmen. Die Begeisterung: grenzenlos. Und dann die
Falle: Jeder kann mitmachen. So war das erwünscht, erhofft, gewollt.
Und jetzt? Alles ist außer Rand und Band, außer
Kontrolle. „Die Geister, die ich rief…“ Goethe hatte schon recht, wir werden
sie nicht wieder los.
Wer immer etwas sagen will, kann es tun, und er macht es
auch. Was ist schlimm daran? War das nicht immer so? Ja, so war es immer. Es
beschränkte sich nur auf die Kneipe, den Stammtisch, wo man die Sau raus
ließ. Am nächsten Morgen rückte man die
Dinge wieder gerade, und alles war wieder gut. Das ist im Internet anders.
Im Internet endet die Pöbelei nie. Halbwahrheiten, Lügen, Verleumdungen, verbreiten sich
unaufhaltsam überall hin und sind nicht aufzuhalten. Verbieten, bestrafen? Geht
nicht. Einfach alles hinnehmen? Geht auch nicht. Dann wären wir mit dem
Missbrauch des Internets einverstanden.
Was nun? Was tun? Jeder muss die Sache für sich selbst
regeln – und damit für alle anderen. Bewaffnen wir uns mit „gesundem
Misstrauen“! Überlegen wir: Ist das glaubwürdig? Glaube ich das vielleicht nur,
weil es meiner Auffassung ent-spricht, möglicherweise aber nicht den Tatsachen?
Zum „gesunden Misstrauen“ gehört auch eine gute Portion Selbstkritik, nicht
ganz einfach, aber möglich.
So traurig es ist: Die Unendlichkeit des Internets hat
uns ganz ohne Absicht in ein Zeitalter des Misstrauens geführt. Das ist nicht
besonders schön. Ständiges Misstrauen vergiftet unsere Welt. Spätestens hier
würde Erich Kästner fragen: „Wo bleibt das Positive?“ Aber das ist ein anderes
Thema.
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