Montag, Dezember 19, 2016

In der Falle

Regelmäßige SPRACHLOS-Leser werden sich beim Thema „Ins Netz gegangen“ gefragt haben, wie wird es weitergehen? Wenn Erich Kästner zu Hilfe gerufen wird, muss die Not schon groß sein. Ist sie auch.

Mit „gesundem Misstrauen“ sollte man sich durch das Internet bewegen – darauf lief die Empfehlung hinaus. Dann wäre schon viel gewonnen.

Das „gesunde Misstrauen“ würde Herr Kästner, der nachdrücklich nach dem Positiven fragte, nicht gerade positiv finden. Er würde  die Stirn runzeln und fra-gen: „Wirklich? Glauben Sie das wirklich? Denken Sie doch mal an den ‚gesunden Menschenverstand‘, würde er sagen und uns damit in Verlegenheit bringen.

Stimmt. Wir reden immer und immer wieder vom „gesunden Menschen-verstand“. Aber wenn wir ihn erklären sollen, fällt uns nichts Vernünftiges ein. Sollte es ihn vielleicht gar nicht geben? Dann wäre es beim „gesunden Miss-trauen“ nicht anders.

Also: Den „gesunden Menschenverstand“ gibt es wirklich. Allerdings ist er eine Mogelpackung. Was darauf als „gesunder Menschverstand“ bezeichnet wird, als etwas Allgemeingültiges, ist nichts anderes als eine persönliche Meinung. Die ist zu respektieren. Zum gesunden Menschenverstand wird sie dadurch nicht.

Dass persönliche Meinungen sich zu Massenmeinungen verbünden, widerspricht dieser Feststellung nicht. Pegida, Identitäre Bewegung, AfD, alle anderen Ideo-logien eingeschlossen, haben mit „gesundem Menschenverstand“ so gut wie nichts zu tun, mit Menschlichkeit und Verständnis füreinander sowieso nicht.


Lieber Dr. Erich Kästner, zufrieden? Wie sagten Sie? „Es gibt nichts Gutes, es sein denn, man tut es.“ Am besten versuchen wir es immer wieder aufs Neue. Einverstanden?