Donnerstag, September 01, 2016

Von Experten und anderen Unwissenden


Eine gewisse Gutgläubigkeit ist in Ordnung. Mit ständigem Misstrauen kann man sich selbst die beste Stimmung gründlich versauen. Aber bitte: Gutgläubigkeit nicht mit Leichtgläubigkeit verwechseln! Und Vorsicht vor Experten!

Nicht jeder Experte ist ein Experte, auch wenn er so genannt wird oder sich selbst so nennt. Nicht jeder Politiker ist eine große Leuchte. Die Fähigkeit, einen Roman zu schreiben, bedeutet noch nicht, die ganze Welt erklären zu können. Und Redegewandtheit der Funk- und Fernsehgrößen und ihrer Gäste sagt oft gar nichts, auch wenn viel geredet wird.

Der Afrika-Experte Robert Kappel sieht im militärischen Vorgehen gegen Boko Haram in Nigeria nicht die Lösung. „Man muss die moderaten islamischen Führer gewinnen, um den Kampf aus sozialer und ideologischer Ebene aufzunehmen.“ Das liegt auf der Hand. Ist das Expertenwissen? Nein.

Der Terrorismus-Experte Rolf Tophoven meint, dass man aus den „Terrortagen in Paris gewisse Lehren ziehen könne. Gewisse Lehren? Der IS sei eine völlig neue Art einer Terrororganisation, äußerst lernfähig und innovativ. Welch überraschende Erkenntnisse!

Dann die Experten, die nicht so genannt und doch so angeboten werden, zum Beispiel die Deutschlandfunk-Korrespondentin Ursula Welter. Sie fasst die aktuelle Lage in Frankreich zusammen, heißt es. Das bedeutet: Sie weiß nicht mehr als wir alle, sie fasst das gemeinsame Nichtwissen zusammen. Zitat: „Der Verbleib von Abdelhamid Abaaoud, dem vermeintlichen Drahtzieher der Anschläge von Paris, ist weiter unklar. Ist er bereits tot oder noch auf der Flucht?“ Frau Welter weiß es nicht, wir wissen es nicht. Niemand weiß es. Diese aktuelle Lage ließe sich in einem Satz zusammenfassen. Aber so kurz können sich Experten nicht fassen.

Selbst wenn Politiker nichts Vernünftiges zu sagen haben, den Mund machen sie trotzdem auf. So äußert Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth „absolutes Vertrauen“ in die Richtigkeit der Entscheidung, das Fußballspiel Deutsch-land/Holland abzusagen. Sie konnte es sich aber nicht verkneifen, vor einer „permanten Einschränkung unseres Lebens“ zu warnen. Ja, was denn nun, Frau Roth? Kesse Lippe riskieren und dann kneifen? Oh du heldenhaftes Deutschland!

Deshalb: Augen und Ohren auf! Meinung als Meinung erkennen und nicht als der Weisheit letzter Schluss. Nicht von „großen Namen“ blenden lassen und schon gar nicht von Experten. Und wenn es wirklich mal darauf ankommt? Dann nicht zimperlich sein, sondern selbst den Experten geben. Keine Angst: Als Experte muss man nicht alles wissen, aber alles besser.