Donnerstag, September 01, 2016
Ein mehr als wohlsituiertes Ehepaar kauft mit Vorliebe
und nicht zu knapp bei ALDI ein und sagt: „ALDI – die Quelle unseres
Reichtums.“ Was die beiden im Kleinen machen, macht die Wirtschaft im Großen.
Es liest sich nur etwas anders: „Globalisierung – die Quelle unseres
Reichtums.“
„Fahnenflucht auf hoher See“, schreibt DIE ZEIT am
18. August: „Bahamas, Malta, Italien: Alle 27 deutschen Kreuzfahrtschiffe
laufen unter fremder Flagge. Den Preis zahlen die Mitarbeiter.“
Die Kreuzfahrtreederei TUI
Cruises hat ihren Sitz in Hamburg. Ihre Schiffe fahren unter der Flagge Maltas.
Das ist günstig. Bei einem Umsatz (2014) von 435,97 Mio € und einem Ergebnis
von 63,34 Mio € zahlt TUI Cruises 40.000 € Einkommensteuer. Dieses „Traumergebnis“ ist nicht die
Ausnahme, es ist die Regel, weltweit.
So sieht Globalisierung aus, wenn
man sie in Zahlen ausdrückt. Für die Mitarbeiter auf den Kreuzfahrtdampfern ist
das ein Albtraum. Wer unter der Flagge Maltas fährt, muss auf nichts Rücksicht
nehmen. Er kann anheuern, wen er will und zahlt, was er will: so gut wie
nichts. Für „Mein Schiff 2“ von TUI Cruises kommen da 2,40 € Stundenhohn heraus
(Pardon: Stundenlohn) und mehr als 300 Stunden im Monat.
In Hamburg bleiben einem
Crewmitglied sage und schreibe eine Stunde und 55 Minuten für den Landgang.
Schnell zur „Seafarer’s Lounge“. Dort gibt es gratis das WLAN, für das an Bord
teuer bezahlt werden muss. Schnell die Familie anrufen oder ihr Geld
überweisen! Es ist nicht übertrieben, von Sklaverei zu sprechen. So sieht
Globalisierung auf See und im Hafen aus – und genauso auf allen fünf
Kontinenten.
Nun ist Globalisierung an sich
nichts Neues. Über Jahrtausende durften wir darunter Handel, Gedanken- und
Wissensaustausch über Grenzen hinweg und
dann von Kontinent zu Kontinent verstehen.
Ausbeutung? Natürlich gab es die
auch. Aber das war Kolonialismus.
Globalisierung heute ließe sich durchaus mit Ausbeutung übersetzen. Oder
wie anders wollen wir die menschenunwürdige, menschenverachtende Beschäftigung
in den sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländern bezeichnen? Arbeit für so
wenig Lohn, dass man weiter arbeiten, aber kaum davon leben kann.
Diese Ausbeutung findet sich in
anderer Form auch in den entwickelten, den überentwickelten Ländern.
Arbeitsplätze werden exportiert, was hier bleibt, ist Leere, ist ebenfalls
unterbezahlte Arbeit. Die Spielregel ist
denkbar einfach und wirkungsvoll: Spiele die Menschen, die Arbeit brauchen,
gegeneinander aus. Je billiger du Menschen einkaufst, desto höher dein Gewinn.
Und der kann bekanntlich nicht hoch genug sein.
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