„Heute ist die gute alte Zeit von
morgen“, sagte Karl Kraus. Eine verblüffende Erkenntnis, die nicht zu
widerlegen ist. Noch treffender, noch gemeiner lässt sich der Irrglaube an die
„gute alte Zeit“ nicht aussprechen. Aber hat Karl Kraus wirklich recht?
Wir sprechen von der guten alten
Zeit, in der alles besser war, und vergessen trotzdem nicht zu sagen, wie hart
wir damals arbeiten mussten, wie wenig wir hatten und dass wir uns durchbeißen
mussten, egal wie. Das klingt nicht gerade nach einer guten Zeit.
Kein Wunder. Die gute alte Zeit
war wie alle Zeiten: gut und schlecht zugleich, also wie heute. Und genau das
ist unsere Chance. Wir müssen nur genau hinsehen und uns das Gute aus der
schlechten guten Zeit herauspicken. Das ist gar nicht so schwierig, wie es
aussieht.
Ein gutes Beispiel dafür ist die
Art und Weise, wie seinerzeit Politik gemacht wurde: In aller Ruhe, nach der
Erkenntnis „in der Ruhe liegt die Kraft.“
Im Palais Schaumburg, dem
Amtssitz des Bundeskanzlers, musste es, wenn Konrad Adenauer sich nach dem
Mittagessen zu einem Nickerchen zurückzog, still sein. Keine Besucher, keine
Telefonate, kein Herumgerennne auf dem
knarzenden Dielenboden. Die Mittagsruhe war heilig.
Als Dwight D. Eisenhower 1959
Deutschland besuchte, überließ Konrad Adenauer seinem Gast sein Doppelbett im
ersten Stock des Kanzleramts und streckte sich selbst für ein Stündchen auf dem
Liegesessel im Wohnzimmer aus.
Die erste Reise Adenauers in die
USA dauerte 18 Tage, und zweimal im Jahr war er
für mehrere Wochen in Cadenabbia zur Erholung beim Boccia-Spiel. (DER
SPIEGEL 38/2016) Das war der Beweis: Man
hatte Zeit damals und nutzte sie sinnvoll. Heute jagen wir der Zeit hinterher.
Oder jagt die Zeit uns? Heute geht es im politischen Leben im
Viertelstundentakt.
In der Ruhe liegt die Kraft, Also
doch: Gute alte Zeit. Bessere Ergebnisse als damals werden heute nicht
erreicht.
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