Mittwoch, November 25, 2015

Halleluja


Endlich haben wir alle ein Thema: Terrorismus. Und weil ein Thema nicht reicht, nehmen wir gleich ein zweites hinzu: Flüchtlinge. Irgendwie hängt das ja zusammen. Jedenfalls liest sich das so.

Halleluja! Alles, was bisher wichtig war: vergessen, mindestens beiseite geschoben, beiseite geschrieben. Randerscheinungen. Bankenkrise, Griechenlandkrise – alles weit weg. Tat ja nicht wirklich weh. Die Schmerzen kommen erst später und – wahrscheinlich – heftiger. Alles weit weg? Ja. Sogar „Je suis Charlie“. Liegt auch schon Monate zurück.

Jetzt aber alles ganz nah auf einmal, von heute auf morgen. Freitag, 13. November in Paris. Irre schießen um sich, ermorden über 130 Menschen, tun es im Namen eines Gottes, den es nicht gibt. Eine fürchterliche Tat.

Noch schrecklicher ist, wie die Medien – Presse, Fernsehen, Funk – damit umgehen. Nachrichten, Vermutungen, Gerüchte – alles das wird zu einem unbekömmlichen Cocktail zusammengerührt, vielleicht auch geschüttelt.  Unbekömmlich? Unverantwortlich.

Experten, die keine sind, Reporter und Korrespondenten, die so gut wie nichs wissen, es nicht wissen können, werden von den Sendern zu Aussagen gezwungen, die wie Nachrichten klingen und nichts anderes sind als Vermutungen, persönliche Eindrücke – Rohstoff für Meinungen, die der Wirklichkeit nicht standhalten.

Möglicherweise ist ein Sprengstoffgürtel gefunden worden. Es sei ein Gürtel, der einem Sprengstoffgürtel ähneln könnte. Möglichkeiten, aber keine Tatsachen. Gewiss ist es nicht einfach, damit umzugehen. Was das Fernsehen noch vor Kurzem in Gesprächen mit Mitarbeitern vor Ort als Information anbot, wird heute Einschätzung genannt. Zugegeben, das trifft die Sache besser.

Trotzdem: Die Freude der Medien an den Katastrophen bleibt groß. In diesem Fall ist sie besonders peinlich. Wollen wir uns wirklich damit abfinden? Natürlich wäre es nicht fein zu sagen: „Haltet mal die Klappe!“ Angebracht wäre es schon.

PS: Liebe Politiker, bitte jetzt nicht weghören. Auch für Politiker, vor allem für sie, gilt: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Geht mit gutem Beispiel voran und haltet die Klappe, auch wenn es schwerfällt. 24. 11. 2015