Samstag, September 20, 2014

Eine taube Nuss

Im hamburger Hotel The George sitzen etwa 20 Familienunternehmer mit dem CDU-Generalsekretär Tauber zusammen. Es geht um die Frage „Wo steuert die Union hin?“ Die Gäste haben offenbar das Gefühl: in die falsche Richtung.

Abschaffung der Hauptschule und der Wehrpflicht, die Koalition mit der SPD im Bund, die Rente mit 63 und der flächendeckende Mindestlohn – alles das ist der Hintergrund der Frage: wohin? Die Familienunternehmer scheinen ihre CDU nicht wiederzuerkennen.
Von Herrn Tauber kommt zunächst einmal, was zu erwarten ist: Die Partei habe eine „klare Haltung“, die allerdings nur der Partei klar zu sein scheint, nicht aber der Unternehmerrunde. Das „Christliche“ der Partei sei für viele Mitglieder und Wähler das Wichtige, wonach gar nicht gefragt war. Zu fragen wäre, wo sich denn das Christliche in der Union versteckt hält.

In dieses Horn bläst dann verständlicherweise auch Marcus Weinberg, CDU-Landeschef in Hamburg: „Die CDU ist die Partei der Neuen Bürgerlichkeit: Menschen, denen der Naturschutz wichtig ist, aber auch die Elbvertiefung, Menschen, denen Werte wie Veranwortung und Freiheit viel bedeuten, die aber auch in einer Homo-Ehe leben können.“ Nichts von dem passt zusammen, aber es klingt gut. Die Familienunternehmer dürfte das kaum überzeugt haben.

Wenn dann Philipp Mißfelder, noch Vorsitzender der Jungen Union die „Armut an Ideen und Personal“ bedauert, könnte der Eine oder Andere schon wieder Mut schöpfen. Der verlässt einen aber sofort, wenn man liest „mit Ole von Beust, Roland Koch, Christian Wulff, Günther Oettinger und Jürgen Rüttgers habe es eine Füllle von CDU-Ministerpräsidenten der mittleren Generation gegeben, die jedes Wochenende starke Kritik geübt haben.“ Kann sich irgendjemand an deren Kritik erinnern?

So weit, so schlecht. Das zeigt aber noch nicht, wie weit die Politik wirklich verkommen ist. Zwei Beispiele:

Erstens: „Wo ist der Markenkern der CDU, Herr Tauber?“ fragen die Familienunternehmer. Eine harmlose Frage aus Sicht eines Unternehmers vielleicht, weil er in wirt-schaftlichen Dimensionen denkt.  Weniger harmlos aber, wenn wir uns darauf besinnen, dass Parteien keine Markenunternehmen sind, sondern politische Unternehmungen – nicht Unternehmen. Es dürfte keine gute Idee sein, Parteien im unternehmerischen Sinne zu kommerzialieren. 

Zweitens: Die Antwort von Herrn Tauber auf die Frage, wohin die CDU steuere: Es laufe doch gut für die Partei, sagt er. Seit der Bundestagswahl 2013 liegt die CDU in den Umfragen stabil bei 40 Prozent, während die SPD  nicht von 25 Prozent wegkommt.

Es läuft gut für die Partei. Läuft es aber auch gut für die Republik? Das darf bezweifelt werden.

Zum Schluss läuft alles darauf hinaus, dass wir bei der Suche nach dem Markenkern der CDU auf eine taube Nuss stoßen.

Bevor jetzt das Geschrei los geht und unerträglich laut wird: Es kann nicht verkehrt sein, auch auf die anderen Parteien einen Blick zu werfen.
19. 09. 2014